Heuschrecken sind ungesund

In Spitälern, die Finanzinvestoren gehören, haben die Patienten eher Komplikationen: Das besagen neue US-Daten.

, 5. Januar 2024 um 14:05
letzte Aktualisierung: 7. Oktober 2024 um 06:28
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Krankenhaus in den USA  | Symbolbild: Robert Linder on Unsplash
In der Schweiz finden sich Private-Equity-Firmen ja eher am Rande des Gesundheitswesens. Sie investieren vielleicht in Zahnarztzentren, Altersheime, in Schönheits- oder Reproduktionsmedizin – aber im Kern der Grundversorgungs-, Akut- und Reha-Bereichs bleiben sie ein Randphänomen; es zeigt sich allenfalls durch Minderheitsanteile bei Privatspitälern.
In den USA sind die «Heuschrecken» (wie böse Zungen sie nennen) jedoch bereits so grosse Player, dass Private-Equity-Spitäler zum Politikum geworden sind.
Rund 390 Spitäler sind nach neustem Stand im Besitz von Investmentgesellschaften wie Apollo Global Management, One Equity Partners, Golden Tree oder Bain Capital; und bekanntlich haben solche Finanzfirmen auch in Europa ein Auge aufs Spitalwesen geworfen.

Weniger Operationen, mehr Infektionen

Wie gut ist das für die Patienten? Dieser Kernfrage ging jüngst eine Studie nach, die in Amerikas Mediziner-Organ JAMA erschienen ist.
Konkret untersuchten Ärzte des Massachusetts General Hospital sowie der Universitäten Harvard und Chicago, wie verbreitet Adverse Events – also unerwünschte Nebenwirkungen – in solchen Private-Equity-Spitälern sind.
Das Forscherteam nahm dazu Daten der Versicherungssysteme Medicare und Medicaid; dann filterten sie gut 660'000 stationäre Fälle von 51 Spitälern heraus, die Private-Equity-Firmen gehören. Dem wiederum stellten sie knapp 4,2 Millionen ähnlich gelagerte Vergleichspatienten gegenüber, die in anderen Krankenhäusern betreut worden waren.
  • Sneha Kannan, Joseph Dov Bruch, Zirui Song: «Changes in Hospital Adverse Events and Patient Outcomes Associated With Private Equity Acquisition», in: JAMA, Dezember 2023.
  • doi:10.1001/jama.2023.23147
Wo gab es mehr Komplikationen? Konkret wurden die Adverse Events in den 30 Tagen nach der Entlassung der Patienten erfasst und verglichen, jeweils gemessen auf 10'000 Hospitalisationen.
Die gute Nachricht: Die Mortalität unterschied sich nicht signifikant. Doch auch hier setzten die Autoren Sneha Kannan, Joseph Dov Bruch und Zirui Song ein Fragezeichen. Jedenfalls waren die übrigen Unterschiede sehr deutlich. Insgesamt fiel die Zahl der Nachwirkungen (wie Stürze) und der «hospital-acquired conditions» um gut 25 Prozent höher aus, wenn die Patienten aus Private-Equity-Spitälern kamen.
Speziell häufig (respektive überdurchschnittlich) fand sich die Katheter-assoziierte Bakteriämie (+37 Prozent) – und vor allem waren chirurgische Wundinfektionen in Private-Equity-Häusern doppelt so verbreitet.

Die Mortalitätsfrage

Dies war insofern bemerkenswert, als der Anteil der chirurgischen Eingriffe hier sogar leicht tiefer war – nämlich um 8,1 Prozent.
Auch bei der Frage der Mortalität hob das Team aus Boston und Chicago folglich den Warnfinger: Denn die Patienten der Private-Equity-Spitäler waren im Schnitt etwas jünger; obendrein wechselten sie im Verlauf der Behandlung häufiger den Versorger (sie waren also beispielsweise transportfähiger). Beides sind Hinweise darauf, dass ihre Chancen im Kern wohl höher waren – und trotzdem schnitten diese Patienten bei der Überlebens-Quote nicht besser ab.
«These findings heighten concerns about the implications of private equity on health care delivery», so denn ein Fazit der Studie.

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