Der Konflikt um den Einsatz von temporären Pflegefachleuten flammte im Februar auf: Damals kündete der Verband Zürcher Krankenhäuser (VKZ) an, dass alle 35 Mitglieder ab diesem Sommer
keine Temporärkräfte mehr einstellen würden. Kurze Zeit später meldeten auch die Zürcher Privatkliniken, dass sie auf
Temporär-Personal verzichten möchten.Im Juni krebste der VZK zurück: Es gebe keinen gemeinsamen Beschluss, auf den Einsatz von Temporär-Personal zu verzichten. Der VZK betonte: «Alle Mitgliedspitäler bestimmen ihre Personalpolitik eigenständig und unabhängig.»
Der Grund für den Rückzug: Solche Absprachen können als Boykott von Temporärpersonal in der Pflege aufgefasst werden und ein Verstoss gegen das Kartellrecht sein.
In der Tat gelangte der Verband der Personaldienstleister, Swissstaffing, an die Wettbewerbskommission Weko. Bisher sie kein Verfahren eingeleitet, sensibilisiert aber die Spitäler für das Kartellgesetz.
Nun setzt Swissstaffing an einem weiteren Hebel an: Der Verband gab bei einem Beratungsunternehmen eine
Vollkostenanalyse in Auftrag. Das Resultat: «Temporäre Pflegekräfte helfen sogar, Kosten im Spital zu senken.» Die Einschränkung: Das gilt nur, wenn festangestelltes Personal Überzeit leisten muss.
Mit folgender Rechnung untermauert Swissstaffing diese Behauptung:
- Die Vollkosten einer festangestellten Pflegefachperson werden mit durchschnittlich 76 Franken pro Stunde berechnet.
- Eine Temporär-Pflegekraft kostet mit 86 Franken im Durchschnitt rund 13 Prozent mehr als die Festangestellte.
- Sobald festangestelltes Personal Überzeit leisten muss, liegen die Kosten im Mittel bei 88 Franken und damit höher als für eine temporäre Pflegekraft.
Auch für das
Bülacher Pool-Modell, bei dem eigene Pflegekräfte flexibel einsatzbereit sind und dafür höhere Löhne erhalten, hat Swissstaffing eine Rechnung angestellt:
Eine festangestellte Pflegekraft, die den Dienst ohne Überzeit übernimmt, koste das Spital 82 Franken pro Stunde. Das sei zwar günstiger als eine Temporär-Angestellte. Doch lägen in den Flexmodellen die Kosten für eine Arbeitsstunde zwischen 90 Franken und 92 Franken pro Stunde – und damit deutlich höher als bei Temporärarbeit.
Das Spital Bülach betont, dass die Swissstaffing-Studie ohne seine Beteiligung erfolgte.
System stabilisieren?
Der Temporärverband argumentiert im Weiteren sogar mit «volkswirtschaftlichen Schäden», sollte die Temporärarbeit in Spitälern beschränkt werden. Temporärpersonal sei nötig, um das ganze Gesundheitssystem zu stabilisieren. Denn – so die Annahme in der Analyse – ohne die Option Temporärarbeit würden viele Pflegekräfte nicht in eine Festanstellung wechseln, sondern den Beruf oder Sektor verlassen.
Eine weitere These von Swissstaffing lautet: Ohne Temporärarbeit wäre der Wettbewerbsdruck auf dem Arbeitsmarkt für Gesundheitseinrichtungen geringer. Temporäranbieter würden Spitäler zu innovativer Personalpolitik und besseren Arbeitsbedingungen zwingen. Das mache den Pflegeberuf attraktiver – und stärke den Nachwuchs wie die Berufsbindung.
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