Spital Frauenfeld wahrte Arztgeheimnis – zu Recht

Die ärztliche Schweigepflicht gilt auch nach dem Tod. Deshalb erhielten Angehörige keine Auskunft vom Spital.

, 10. September 2025 um 14:45
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Im Spital Frauenfeld bleibt das Arztgeheimnis gut gewahrt. | Bild: PD Thurmed.
Gleich in zwei Fällen stand das Arztgeheimnis im Thurgauer Kantonsspital in Frauenfeld vor Bundesgericht zur Diskussion: Im einen Fall starb eine 61-jährige Frau trotz einer Notoperation am Tag nach ihrer Einlieferung. Im zweiten Fall starb ein 66-jähriger Mann unerwartet nach einer Leistenbruch-Operation.
In beiden Fällen wollten die Angehörigen die Patientenakten sehen, weil sie in Betracht zogen, dass ein Behandlungsfehler passiert sein könnte. Doch die Thurgauer Behörden verweigerten die Einsicht.
Und zwar mit der Begründung, dass die Verstorbenen ihre Ärzte nicht vom Berufsgeheimnis entbunden hätten. Das ist eine Praxis, welche das Bundesgericht schon früher gestützt hatte.
Laut der SRF-Radiosendung «Echo der Zeit» wollte eine der Bundesrichterinnen diese Rechtsprechung aufweichen. Sie war der Meinung, die Patienten wären wohl einverstanden gewesen, dass ihre Familien die Akten sehen könnten, wenn es um einen allfälligen Arztfehler gehe.

Arztgeheimnis wichtiger

Doch eine Mehrheit der Richter fand, dass Patienten ihrem Arzt vorbehaltlos vertrauen können müssen. Das Arztgeheimnis sei wichtiger als das Zugeständnis an eine Familie, die prüfen möchte, ob eine Haftungsklage Erfolg hätte. Die Familien könnten das Spital auch ohne vorherige Einsicht in die Patientenakten verklagen.
Die Schweizer Patientenorganisation unterstützt die Haltung des Bundesgerichts. «Für Patienten ist es wichtig, dass das Vertrauensverhältnis zwischen Patient und Arzt über den Tod hinaus bestehen bleibt», wird Präsidentin Susanne Hochuli zitiert. Denn womöglich gebe es Dinge in der Krankengeschichte, die ein Patient auch nach seinem Tod der Familie nicht offenlegen wolle.

Patientenverfügung empfohlen

Yvonne Gilli, Präsidentin der Schweizer Ärzteverbindung FMH, ist froh, dass das Urteil für Ärzte und Ärztinnen Sicherheit schafft. Mit einer Patientenverfügung hätten die Verstorbenen noch zu Lebzeiten regeln können, ob und wer nach ihrem Tod die Akten ansehen darf. Eine solche Verfügung lag aber in beiden Fällen nicht vor.
  • Arztgeheimnis: Bundesgericht rügt Schwyzer Behörden. Eine Klinik und das Gesundheitsamt erwirkten mehrfach die Aufhebung der Schweigepflicht – ohne den Patienten anzuhören. Das geht so nicht.

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