Die Beratungs- und Revisionsgesellschaft PwC hat vor einigen Jahren eine vielbeachtete Zahl in die Schweizer Spitallandschaft gesetzt: 10 Prozent. Diese Ebitda-Marge sollte ein Akutspital grundsätzlich erreichen, um sich nachhaltig erneuern zu können und beispielsweise Ersatzinvestitionen stets aus eigener Kraft zu stemmen. Die Zahl seither von vielen Experten und Spitaldirektoren anerkannt und zum Massstab genommen.
Dabei sieht es schlecht aus: Die 10-Prozent-Hürde erscheint für viele Spitäler kaum erreichbar. Und wie eine neue PwC-Studie nun zeigt, hat sich die Branche sogar noch davon entfernt. Konkret veröffentlichten die Berater Patrick Schwendener und Philip Sommer den neuen Bericht «Schweizer Spitäler: So gesund waren die Finanzen 2015» – und sie zeigen darin auf, dass die Spitäler an Rentabilität verloren haben.
Die EBITDA-Marge der erfassten Spitäler und Spitalgruppen erreichte 5,9 Prozent – nachdem es bei der letzten Erhebung noch 6,4 Prozent gewesen waren. Der Rückgang drückte sich auch eine Stufe weiter unten aus, im reinen Betriebsgewinn (beziehungsweise der so genannten EBIT-Marge): Dieser Wert sank von 1,7 Prozent im Jahr davor auf 1,4 Prozent im Jahr 2015. Das sind im Vergleich zu anderen Branchen schon sehr tiefe Zahlen.
Privatkliniken klar voraus
Bei der PwC-Erhebung wurden alle grossen öffentlichen Spitäler erfasst, vom Kantonsspital Aarau bis zum Zuger Kantonsspital, von der Insel Gruppe bis zum Unispital Zürich; insgesamt waren es 28 Spitäler beziehungsweise Spitalgruppen.
Die Profitabilität von Schweizer Spitälern, 2012 bis 2015 | Grafik: PwC
Laut der PwC-Auswertung verzeichneten die Schweizer Akutspitäler im Jahr 2015 ein Umsatzwachstum von 3,7 Prozent (Medianwerte). Das war eine leichte Erhöhung gegenüber den 3,4 Prozent in den Jahren 2013 und 2014. Zum Vergleich hier: Im Zeitraum 2013 bis 2015 erreichten die Spitäler in Europa ein Umsatzwachstum von durchschnittlich 4,7 Prozent.
Beachtlich ist bei der helvetischen Umsatzentwicklung, dass sich das Wachstum des ambulanten Bereichs doch recht klar abgeschwächt hat: Der Zuwachs lag hier 2015 bei 4,1 Prozent, nachdem es 2014 noch 7,7 Prozent gewesen waren. Im stationären Bereich sank der Umsatz auf 2,7 Prozent (2014: 3,1 Prozent).
«Ein gewisses Polster…»?
Insgesamt zeigt sich also, dass die öffentlichen Schweizer Akutspitäler ihre Rentabilität in den letzten fünf Jahren kaum verbessern konnten, mehr noch: Der Trend deutet eher nach unten.
«Ein gewisses Polster durch die Bildung von Rückstellungen mag das Resultat mancherorts noch etwas schlechter aussehen lassen, als es tatsächlich ist», schränken die Analysten von PwC ein. Dennoch: «Wir bezweifeln, dass die wahren Margen die Zielwerte bereits erreicht haben. So stehen betriebliche Optimierungen weiterhin auf der Agenda der Geschäftsleitungen und Verwaltungsräte von Spitalgesellschaften.»
Dabei verweisen die Autoren auf eine heikle Situation. Höhere Preise sind angesichts der laufenden Tarifkämpfe kaum zu erwarten – das Umsatzwachstum war ein Mengenwachstum. Wenn sich aber in den nächsten Jahren die Inflation erhöhen sollte, wenn damit die Personal- und Sachkosten steigen würden, dann könnte die Lage kritischer werden. Oder wie der PwC-Report festhält: Dann «sind Preis- und/oder Effizienzsteigerungen notwendig, um die Margen stabil zu halten.»
Die Profitabilität von Schweizer Spitälern nach Anzahl Betten | Grafik: PwC
Weiter setzt die PwC-Studie die Profitabilität – gemessen in Ebitda und Ebitdar – in Relation zur Spitalgrösse beziehungsweise zur Bettenkapazität. Dabei zeigte sich: Die Kurve zeigte nach unten, oder konkreter. Je grösser die Spitäler, desto tiefer tendenziell die Margen. Am rentabelsten erschienen die Spitäler mit 200 bis 450 Betten.
Gewiss, diese Aussage basiert nur auf einer kleinen Auswahl von 28 Akutspitälern. Doch auf der anderen Seite gibt es durchaus Erklärungen dafür: Die Grössenvorteile (Skalenerträge) sind in der Spitalbranche begrenzt, da mit der Grösse oft auch die Komplexität stark steigt, beispielsweise bei den Abläufen, auch bei den medizinischen Fällen. Ein weiterer Faktor wäre die ungenügende Abgeltung von Lehre und Forschung bei Universitätsspitälern.
Parallelen, aber keine zwingenden Zusammenhänge
«Der Vergleich zwischen Profitabilität und Bettenkapazität ist aufgrund der unterschiedlichen Leistungsaufträge natürlich etwas unfair», folgern die PwC-Autoren «Beispielsweise haben Universitätsspitäler neben zusätzlichen Ausgaben für Forschung und Lehre auch höhere Kosten für hochkomplexe Apparaturen und Einrichtungen.»
Das heisst: Man hat es zwar mit Parallelen zu tun, aber nicht mit direkten Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen.
In a nutshell: Ergebnisse der Erhebung «Schweizer Spitäler: So gesund waren die Finanzen 2015»
- Die Rentabilität der öffentlichen Akutspitäler ist im letzten Jahr leicht gesunken. Die Ebitda-Marge erreichte im Schnitt (Median) 5,9 Prozent.
- Die Umsätze wuchsen um 3,7 Prozent, was eine leichte Beschleunigung bedeutete.
- Deutlich zurück ging aber das Wachstum im ambulanten Bereich. Es erreichte noch 4,1 Prozent nach 7,7 Prozent ein Jahr davor.
- Die Profitabilität sank tendenziell mit der Grösse, am rentabelsten erschienen dabei Spitäler mit 200 bis 450 Betten.