Spital heilt, Oper glänzt – und beide kosten

Wir vergleichen das Kispi Zürich mit dem Opernhaus Zürich. Geht das? Durchaus. Denn beide haben dieselbe Aufgabe: zu funktionieren, wo Wirtschaftlichkeit an Grenzen stösst.

, 10. Juli 2025 um 06:00
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Prachtbau alt und neu: Opernhaus Zürich, Forschungszentrum des Kispi Zürich
Kann man Äpfel und Birnen vergleichen? Schwierig. Hier wagen wir es – mit dem Ziel, die Diskussion um die Spitalkosten zu erweitern. Beziehungsweise sie zurückzuführen auf die verdrängte Kernfrage: Muss ein Spital rentieren, und wenn ja, wie sehr?
Die Diskussion läuft momentan wieder im Kanton Zürich. Dort bewilligte das Parlament soeben eine weitere 25-Millionen-Subvention für das Kinderspital – mit lautem Widerspruch in der Ratsdebatte, aber ohne Gegenstimmen bei der Abstimmung.
Alleine schon dieses paradoxe Verhalten zeigt das Dilemma. Die Mitglieder des Parlaments wissen, dass sie das Kinderspital nicht fallen lassen können, aber sie wollen nicht akzeptieren, dass es ständig rote Zahlen schreibt, und sie fürchten, dass es zum Fass ohne Boden wird.
«Wieso ist der Personalaufwand pro Kopf in der Medizin tiefer als im Kulturbereich?»
Mit anderen Worten: Sie finden, dass das Kinderspital rentieren soll, zumindest ein bisschen. Die Rahmenbedingungen sind jedoch düster: In den letzten Jahren wirtschaftete fast kein Spital rentabel genug, um sich langfristig zu refinanzieren. Und speziell die Kinderspitäler sind landauf, landab hochdefizitär.
Ganz anders das Bild im Kulturbereich. Die grossen Kulturbetriebe sind ebenfalls landauf, landab hochdefizitär, das gehört sich auch so: Es ist weitherum akzeptiert, dass die Sache nicht rentieren kann und muss.
Ist also die Subventionsmillion da legitim, während die Subventionsmillion dort unhaltbar ist?
Dazu einige Vergleichszahlen, nämlich von Opernhaus Zürich und Kinderspital Zürich. Denn bei beiden, Opernhaus wie Kispi, bildet der Kanton die absolut dominierende staatliche Geldquelle (und nicht etwa Gemeinde, Bund oder andere Trägerschaften).
In beiden Fällen liegt es also am Kanton Zürich, über das Schicksal dieser Häuser zu entscheiden.
Dabei mehren sich derzeit die Stimmen, die eine Verstaatlichung des Kispi fordern – eine Forderung, die bei der Opernhaus Zürich AG kaum mehr gestellt wird. Denn dort ist es längst einsichtig, dass ein kantonales Opern- und Ballett-Amt noch mehr Mühe hätte, Sponsoren und Spenden anzuwerben, als eine breit gestreute Aktiengesellschaft.
Darf man Äpfel und Birnen vergleichen? Der Vergleich bringt auch auf einer zweiten Ebene interessante Fragen ans Licht: Wieso ist das Personal in der Medizin günstiger als im Kulturbereich? Und die Gegenüberstellung der Subventionen zu 190'000 Behandlungstagen beziehungsweise 230'000 Kultureintritten lässt gar ahnen, dass es nicht an der Effizienz liegt, wenn der Betrieb des Kinderspitals so teuer erscheint.
Was die beiden Institutionen übrigens auch verbindet: Beide sind in einem opulenten Bau. Das Opernhaus ist als kulturelles Denkmal geliebt und unbestritten. Das neue Kinderspital wird momentan als unnötiger Luxus dargestellt. Warum der Unterschied?
  • Das Kinderspital Zürich ist gebaut. Das Zürcher «Kispi» erlitt in den ersten Monaten 2025 hohe Verluste. Zentraler Kritikpunkt jetzt: der teure Neubau. Liegt hier wirklich der Kern des Problems?
  • Julia Hillebrandt ist die neue Direktorin des Kinderspitals. Für den Stellenwechsel hat sie einen kurzen Weg: Sie ist derzeit CEO der benachbarten Klinik Lengg.

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