«Inakzeptable Blockade» – 150 Ärzte fordern Bund zum Handeln auf

Das neue Ärztekollektiv «Medizinischer Nachwuchsverband Schweiz» kritisiert Verzögerungen bei der Vergabe von Facharzttiteln und fordert das Eidgenössische Departement des Innern zum Handeln auf.

, 16. Oktober 2025 um 12:33
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«Wo sind unsere Titel?» Die Langsamkeit des SIWF verzögert die Zulassung von Hunderten von jungen Fachärzten in der Schweiz. Symbolbild: National Cancer Institute auf Unsplash.
Der Widerstand innerhalb der Ärzteschaft wächst: Rund 150 junge Ärztinnen und Ärzte haben das Ärztekollektiv «Medizinischer Nachwuchsverband Schweiz» gegründet, um gegen monatelange Verzögerungen beim SIWF vorzugehen – der einzigen Stelle in der Schweiz, die Fachärztinnen und Fachärzten die Zertifizierung erteilt.
Das Nachwuchsärzte-Kollektiv hat ein Protestschreiben an das SIWF verfasst und zusätzlich eine Beschwerde beim Eidgenössischen Departement des Innern (EDI) eingereicht. Sie fordern den Bund auf, die Missstände im SIWF zu beheben. «Die kritische Situation gefährdet nicht nur den medizinischen Nachwuchs, sondern auch die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung», heisst es in der Mitteilung.
Konkret beklagen die Ärztinnen und Ärzte, dass das SIWF mittlerweile bis zu zwölf Monate für die Ausstellung eines Facharztdiploms benötigt. Rund 2500 Gesuche sind derzeit hängig, was nach Ansicht des Nachwuchses eine «inakzeptable Blockade» darstellt.

Blockiert

Durch die Verzögerungen können die betroffenen Ärzte weder eine eigene Praxis eröffnen, ihre Weiterbildung fortsetzen noch leitende Positionen in Spitälern übernehmen. Das neue Kollektiv bezeichnet die Lage als «unhaltbar» und betont, dass sie nicht nur den Nachwuchs, sondern auch das Versorgungsangebot für die gesamte Bevölkerung gefährdet.

In Kürze

  • 2'500 Anträge auf Facharzttitel beim SIWF anhängig
  • Fristen von 3 auf über 12 Monate verlängert
  • 150 Ärzte in neuem Verband vereint
  • Beschwerde beim EDI und Mahnungen an das SIWF
  • Ziel: Wiederherstellung eines «fairen, effizienten und transparenten» Systems

Trotz mehrfacher Interventionen des VSAO und politischer Vorstösse hat sich die Situation am SIWF bislang nicht verbessert. Im August vergangenen Jahres lehnte der Bundesrat eine Motion des Genfer Nationalrats Cyril Aellen ab, in der eine angemessene Bearbeitungsfrist gefordert wurde. Begründet wurde dies damit, dass das SIWF «bereits Massnahmen zur Verkürzung der Frist ergriffen» habe. Nur wenige Wochen später kündigte das Institut jedoch eine erneute Verlängerung der Wartezeiten an.

Gründung innerhalb zwei Tagen

Vor diesem Hintergrund entstand innerhalb weniger Tage die Vereinigung «medizinischer Nachwuchsverband Schweiz», die bereits über 150 Ärzte zählt. Ziel des Kollektivs ist es, die Ärztinnen und Ärzte bei den Verzögerungen des SIWF zu unterstützen und ein «gerechtes, effizientes und transparentes System» wiederherzustellen.
Das Kollektiv unternimmt derzeit zwei rechtliche Schritte:
  • Ein Mahnschreiben an das SIWF im Namen von 150 Ärzten, in dem die Ausstellung der ausstehenden Titel bis zum 31. Oktober 2025 sowie die Abschaffung der Gebühr von 4’000 Franken pro Dossier gefordert wird.
  • Eine Beschwerde beim Eidgenössischen Departement des Innern (EDI), der Aufsichtsbehörde des SIWF, mit dem Ziel, die Missstände zu beheben und eine schnellere Bearbeitung der Anträge sicherzustellen.
Das Kollektiv fordert den Bund nun zum Handeln auf: «Die Vergabe von Facharzttiteln ist eine öffentliche Aufgabe. Angesichts der Probleme beim SIWF muss der Bund die Kontrolle wieder übernehmen.»
Der Kanton Zürich hat bereits auf die Engpässe reagiert. Ärzte mit eidgenössischem Arztdiplom dürfen weiterhin angestellt oder neu beschäftigt werden, auch wenn der SIWF-Facharzttitel noch aussteht. Die Aufsicht liegt dabei bei den Arbeitgebern.
Der VSAO weist zudem darauf hin, dass Assistenzärzte auch ohne Facharzttitel zu Oberärzten befördert werden können – eine Praxis, die bereits in vielen Zürcher Spitälern genutzt wird, teils befristet bis zur Vorlage des Titels.
  • SIWF
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