Titelstau: SIWF halbiert Gebühren rückwirkend

Nach Interventionen aus mehreren Verbänden reagiert das SIWF mit einer temporären Halbierung der Gebühren. Für die Wartezeiten bei der Titelerteilung bedeutet das aber keine Entwarnung – im Gegenteil.

, 24. November 2025 um 13:04
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«Black Friday»-Angebot der speziellen Art: Facharzttitel gibt es jetzt zum halben Preis. |  Symbolbild: Samuel Ramos on Unsplash
Das Schweizerische Institut für ärztliche Weiter- und Fortbildung (SIWF) hat auf Empfehlung der Ärztekammer eine befristete Gebührensenkung bei der Erteilung von Facharzttiteln beschlossen.
Betroffene Assistenzärztinnen und -ärzte erhalten die Hälfte ihrer Gebühr zurück, sofern die Titelerteilung – bei vollständig eingereichten Unterlagen – länger als sechs Monate gedauert hat und der Titel seit Anfang dieses Jahres ausgestellt wurde. Die Rückerstattung erfolgt automatisch; ein Antrag ist nicht nötig.
Die Massnahme gilt bis Ende 2026 und ist laut SIWF als «klares Zeichen der Unterstützung und Wertschätzung gegenüber den Antragstellenden» zu verstehen. Die Dauer des Sonderangebots bis Ende 2026 ist allerdings auch ein Indiz, dass das Problem womöglich noch sehr lange weiterschwelen könnte.
In seiner Mitteilung bedauert der Vorstand die anhaltenden Verzögerungen. Rund 2500 Dossiers sind derzeit pendent, die Wartezeit beträgt je nach Fall zwischen sieben und zwölf Monaten.

Krisenmanagement unter neuer Führung

Unter der neuen Leitung hat das SIWF ein Krisenmanagement implementiert, das die langen Bearbeitungszeiten abbauen soll. Zu den eingeleiteten Schritten gehören:
  • Gemeinsamer Krisenstab von SIWF und FMH.
  • Verstärkte Einbindung der Titelkommission.
  • Personalaufstockung sowie Entlastung durch FMH-Mitarbeitende.
  • Teilautomatisierte Erstprüfung der Dossiers via IT-Tools.
Parallel informieren SIWF und FMH Kantone und Spitäler über Übergangslösungen, damit Ärztinnen und Ärzte ihre geplanten Stellen trotz ausstehendem Titel antreten können.

Zwischen den Verbänden knirscht es

Die Gebührensenkung erfolgt vor dem Hintergrund wachsender Spannungen zwischen dem Schweizerischen medizinischen Nachwuchsverband (SMN) und dem Verband Schweizerischer Assistenz- und Oberärztinnen und -ärzte (VSAO).
Während SMN öffentlich betont, die Gebührensenkung sei eine direkte Reaktion auf eigene Interventionen, verweist der VSAO auf seine Anträge an die Ärztekammer, die ebenfalls zur nun kommunizierten Wende beigetragen hätten.
Der Tonfall hat sich zuletzt verschärft: Der SMN kritisierte den VSAO auf Linkedin dafür, «sich unberechtigterweise die Verdienste anzueignen und sich in eine juristische Angelegenheit einzumischen, die sie nichts angeht».
Dass das SIWF die Gebühren temporär halbiert, ist für viele Betroffene ein erstes Entgegenkommen. Entscheidend wird aber bleiben, ob die zahlreichen Massnahmen den Rückstau tatsächlich abbauen können.
Für Assistenzärztinnen und -ärzte – und für ihre künftigen Arbeitgeber – zählt am Ende vor allem eines: dass die Titelerteilung wieder innerhalb einer zumutbaren Frist erfolgt.
➡️ Das SIWF hat eine aktualisierte FAQ-Liste zu den offenen Fragen veröffentlicht.

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