«Zufriedene Patienten ist nicht gleichbedeutend mit guter Medizin»

An der Jahresmedienkonferenz des Universitätsspitals Basel erklärte der Ärztliche Direktor Christoph A. Meier, wie die Qualitätsmessungen nach dem Standard von ICHOM durchgeführt werden.

, 26. April 2018 um 20:39
image
  • universitätsspital basel
  • spital
  • qualitätsmanagement
Jahresmedienkonferenzen sind manchmal nicht nur dazu da, um die Geschäftszahlen des zurückliegenden Jahres zu erläutern. Nicht selten wird die Plattform auch dazu genutzt, um auf eine spezielle Stärke des Unternehmens aufmerksam zu machen.

Eine neue Ära der Qualitätsmessung

Das machte am Donnerstag auch das Universitätsspital Basel (USB) und stellte «eine neue Ära in der Qualitätsmessung» vor. Statt die Behandlungsqualität nur über die Fallzahlen, Patientenzufriedenheit und Prozesse zu messen, habe mit ICHOM ein Instrument Einzug gehalten, welches den Patientennutzen in den Vordergrund stellt, war an der Medienkonferenz in Basel zu vernehmen. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von «Value-based Health Care».
ICHOM steht für «International Consortium for Health Outcomes Measurement». Die Non-Profit-Organisation verfolgt das Ziel, patientenbezogene Outcomes weltweit nach standardisiertem Verfahren zu messen.

Mehrjährige Betrachtung

«Zufriedene Patienten ist nicht gleichbedeutend mit guter Medizin», erklärte der Ärztliche Direktor Professor Christoph A. Meier. Sei das Essen gut und das ärztliche Personal freundlich, so seien die Patienten mehrheitlich zufrieden. Das heisse aber noch nicht, dass der medizinische Eingriff aus wissenschaftlicher Optik auch erfolgreich war. Ob er es war, wisse man erst nach einer mehrjährigen Betrachtung.
Diese Betrachtung besteht darin, mittels periodischer und gezielter Befragungen der Patienten allfällige Nebenwirkungen zu erfassen. So zum Beispiel mit Fragen über depressive Zustände, Schmerzen oder Müdigkeit.

Brustkrebs und Hüft-Osteoarthrose

Wie berichtet (siehe dazu: «Das Unispital Basel setzt bei der Qualitätsmessung neue Massstäbe»), hat das USB mit diesem Pilotversuch im zurückliegenden Jahr angefangen – und zwar bei Patientinnen mit Brustkrebs und Patienten mit Hüft-Osteoarthrose. Denn ein Wesensmerkmal von ICHOM besteht darin, dass bei jedem Krankheitsbild unterschiedliche Fragen in einer unterschiedlichen Periodizität gestellt werden.
Als das USB damit angefangen hatte, den Partientinnen und Patienten den «Tablet-Computer» mit dem Fragebogen in die Hand zu drücken, war dem Team um Christoph A. Meier überhaupt nicht klar, wie weit die Patienten überhaupt mitmachen. Nun, 90 Prozent sollen es sein, verriet der Ärztliche Direktor.
Die hohe Rate dürfte mit ein Grund sein, dass das USB die Qualitätsmessung nach dem Standard von ICHOM auf andere Krankheiten ausdehnen will. Dieses Jahr sind dies:
  • Angst und Depressionen
  • Darmerkrankungen
  • Koronare Herzkrankheit
  • Prostatakarzinom
  • Rückschmerzen
  • Schlaganfall.
Im nächsten Jahr, also 2019, sollen dann im Tumorzentrum alle onkologischen Erkrankungen erfasst werden. Doch wirklich erfolgreich werden diese Qualitätsmessungen nur dann sein, wenn sich Patientinnen und Patienten auch Jahre später noch dazu bereit erklären, die wiederholt gestellten Fragen zu beantworten. Wie weit das der Fall sein wird, kann man aus naheliegenden Gründen nach einer halbjährigen Pilotphase noch nicht beantworten. 

Das ist ICHOM

Die Non-Profit-Organisation International Consortium for Health Outcomes Measurement (ICHOM) hat bisher 23 Standardsets entwickelt. Damit werden laut Professor Christoph A. Meier über 50 Prozent der Patienten abgedeckt.
Massgeblich beteiligt an diesem Konsortium sind Harvard-Professor Michael E. Porter, das Karolinska Institut in Schweden und die Unternehmensberatungsgruppe Boston Consulting Group. Michael E. Porter hat sich mit seinem Werk «Redefining Health Care» weltweit einen Namen gemacht. 
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Nachhaltig: Bacillol® 30 Sensitive Green Tissues

HARTMANN erweitert sein Portfolio um die nachhaltigen Bacillol® 30 Sensitive Green Tissues. Die Tücher werden aus nachwachsenden Rohstoffen gefertigt und vereinen hohe Wirksamkeit, Materialverträglichkeit und Hautfreundlichkeit. Dabei werden Plastikabfall sowie CO₂-Emissionen reduziert.

image

Neuer Leistungsauftrag für die Oberwaid

Die Klinik Oberwaid ist neu auch mit muskuloskelettaler Rehabilitation auf der Spitalliste der Kantone St. Gallen, Appenzell Ausserrhoden und Appenzell Innerrhoden. So kann die Oberwaid auch in diesem Fachgebiet grundversicherte Patienten behandeln und leistet einen wichtigen Beitrag in der Region.

image

Zurück in die Vergangenheit: Spitäler wollen Geld vom Kanton

An sich sollten die Kantone ihre Spitäler nicht mehr finanzieren. Doch immer häufiger zahlen die Regierungen trotzdem – und verzerren möglicherweise den Wettbewerb.

image

Luzerner Kantonsspital braucht wohl bald Geld

Die Höhenklinik des Spitals machte 180'000 Franken Verlust - pro Monat. Die Kantonsregierung rechnet damit, dass das Kantonsspital Hilfe braucht.

image

Spital Samedan gehört bald zum Kantonsspital Graubünden

Dadurch werden wohl einzelne Stellen neu ausgerichtet oder aufgehoben. Andererseits dürften in den medizinischen Bereichen rund 20 zusätzliche Stellen entstehen.

image

100 Millionen Franken? Danke, nicht nötig.

Der Kanton Graubünden plante einen Rettungsschirm für notleidende Spitäler und Gesundheits-Institutionen. Die Idee kam schlecht an.

Vom gleichen Autor

image

Palliative Care: «Wir brauchen nicht mehr Betten in Spitälern, aber in Hospizen»

Renate Gurtner Vontobel, die ehemalige Geschäftsführerin von Palliative.ch, blickt auf ihre fünfeinhalbjährige Amtszeit zurück.

image

«Kritiker der Komplementärmedizin haben eine zu einseitige Sicht»

SP-Ständerätin Franziska Roth kritisiert im Interview die Haltung von Gegnern der Komplementärmedizin. Sie verkennen den Wert der ärztlichen Expertise.

image

Physiotherapie: Die Stolpersteine im Tarifstreit

Wie weiter im Tarifstreit in der Physiobranche? Die Frage ist: Welcher Streit – jener über die Tarifstruktur oder jener über den Preis?