Ehemaliger Chefarzt kritisiert Privatisierung der Küche

Das Kantonsspital Winterthur (KSW) will den Gastronomiebereich mit seinen 90 Angestellten auslagern. Ein ehemaliger Chefarzt äussert Kritik.

, 16. Juli 2020 um 06:41
image
  • spital
  • kantonsspital winterthur
  • peter e. ballmer
Servir et disparaître - dienen und sich zurückziehen, lautet das Credo von Magistraten. Das muss aber nicht für Chefärzte gelten – und schon gar nicht für Peter E. Ballmer. Ende Februar letzten Jahres trat der Leiter des Departements Medizin in den Ruhestand – nach einer 22-jährigen Tätigkeit am Kantonsspital Winterthur (KSW).
Auf den 1. Mai 1997 übernahm der damals 43-Jährige den Chefarztposten in der Medizinischen Klinik für Innere Medizin. Er kam vom Berner Inselspital nach Winterthur zum heutigen Departement mit 15 spezialisierten Fachbereichen.

«Eine Groteske»

Nun meldet sich Peter E. Ballmer mit harschen Worten in einem Leserbrief im Winterthurer Landboten zurück. Nicht das von ihm gegründete Gefässzentrum oder die von ihm vorangetriebene Kardiologie, Palliative Care oder Akutgeriatrie bringen ihn auf die Palme. Vielmehr ärgert er sich darüber, dass die Küche privatisiert werden soll, wie das der «Landbote» am 11. Juli publik gemacht hat. «Erneut eine Groteske», schreibt Ballmer im Leserbrief. Wer das wolle? Sicher nicht der Chefkoch und sein Team.

Das hohe Niveau gelobt

«Als langjähriger Chefarzt des Departements Medizin weiss ich, wie hoch die Gastronomie am KSW von den Patienten geschätzt wird», schreibt Ballmer. Unzählige Rückmeldungen von Patienten hätten das hohe Niveau der Küche immer wieder gelobt. In einer schwierigen Lebenssituation sei das Essen für die Patienten ein wichtiger Anker.

Um ein paar Fränkli zu sparen

Und weshalb soll nun dieser Anker ausgelagert werden? «Um ein Paar Fränkli zu sparen, einfach unglaublich, was sich die ökonomisch denkenden Verantwortlichen ausgebrütet haben», ereifert sich Ballmer.
Gemäss dem Landboten will das Kantonsspital bei den Lebensmitteln vermehrt auf den Rappen achten. Deshalb suche es einen externen Partner, der die Lieferanten bestimmen und weitere Dienstleistungen erbringen soll. 

Nutzen beim Einkauf

Im Zentrum stehe dabei die Warenbeschaffung, wird Franz Studer, Präsident des Spitalrates, im Winterthurer Landboten zitiert, der wie viele andere zum Tamedia-Verbund gehört. «Eine mögliche Kooperation mit einem externen Dienstleister sollte dem KSW primär einen Nutzen im Einkauf bringen», so Studer.
Laut dem Spitalratspräsidenten stehe die Produktion in der spitaleigenen Kücheninfrastruktur nicht zur Diskussion. Möglicherweise werde aber der Leiter Gastronomie vom Partnerunternehmen gestellt. 

Der Leiter Verpflegung geht in Pension

Den heutigen Leiter Verpflegung berührt diese Entwicklung höchstens emotional. Er tritt in den Ruhestand. Womöglich geht es ihm wie dem ehemaligen Chefarzt Peter E. Ballmer, der im Leserbrief schreibt: «Es tut schon weh, wenn das KSW hauptsächlich nach (Finanz-) Zahlen regiert wird». Die Verantwortlichen seien gut beraten, wenn sie das geplante Vorhaben nochmals überdenken und die «Perle Gastronomie» nicht einfach vor die Säue werfen.
Zu erwarten ist der endgültige Entscheid Ende 2020.
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Kantonsspital Aarau holt Chef Neuroradiologie aus St. Gallen

Pasquale Mordasini übernimmt die vakante Chefarzt-Position im November.

image

Viktor 2023: «Ich freue mich auf die Bekanntgabe der Gewinner»

Hirslanden-CEO Daniel Liedtke ist in der Jury des Viktor Awards, zugleich unterstützt die Spitalgruppe die Aktion bereits zum zweiten Mal. Weshalb, sagt er im Interview.

image

Bern: 100 Millionen, um die Spitäler zu stützen

Die Kantonsregierung plant einen Finanzschirm, damit Listenspitäler im Notfall gerettet werden können.

image

LUKS Luzern: Neuer Leiter des Radiologie-Zentrums

Alexander von Hessling ist seit 2015 am Institut für Radiologie und Nuklearmedizin des LUKS und hat die Sektion für Neuroradiologie aufgebaut.

image
Die Schlagzeile des Monats

«Es kann ja nicht sein, dass die Kernkompetenz der Jungen die Administration ist»

In unserer Video-Kolumne befragt François Muller jeweils Persönlichkeiten aus der Branche zu aktuellen Fragen. Diesmal: Michele Genoni, Präsident der FMCH.

image

Onkologie: Von diesen fünf Behandlungen wird abgeraten

Dazu gehört der Einsatz der PET für die Früherkennung von Tumorrezidiven und die prophylaktische Gabe von Medikamenten gegen Übelkeit.

Vom gleichen Autor

image

Krebsmedikamente haben Gewinnmarge von 85 Prozent

Ein altes Anliegen ist erneut im Parlament: die horrenden Kosten für Krebsmedikamente.

image

EPD: Verschnaufpause für Ärztinnen und Ärzte

Die Anschlusspflicht für Ärztinnen und Ärzte ans EPD soll erst mit der grossen Revision eingeführt werden.

image

Corona: Kein Ausfall-Geld für die Spitäler

Der Bund will sich nicht an den pandemiebedingten Ertragseinbussen der Spitäler beteiligen.