Die Herzchirurgen im Beau-Site haben die Kündigung erhalten

«Das Privatspital Beau-Site ist gnadenlos mit seinen Herzchirurgen», titelt die «Berner Zeitung». Sie sollen die Kündigung erhalten haben und konsterniert sein. Dies wegen Thierry Carrel.

, 28. September 2017 um 21:38
image
  • spital
  • herzchirurgie
  • hirslanden
Es war bereits bekannt, dass die Berner Hirslanden-Klinik Beau-Site in der Herzchirurgie die Zusammenarbeit mit dem bekannten Herzchirurgen Thierry Carrel suchte. Bekannt war ebenfalls, dass die im Beau-Site operierenden Herzspezialisten keine Freudensprünge machten ob der Aussicht, dass der Klinikdirektor des Inselspitals quasi im Teilzeitamt die Führung in der Beau-Site-Herzchirurgie übernehmen könnte.
Neu ist nun, dass alle drei Herzchirurgen des Beau-Site per Mitte nächsten Jahres die Kündigung erhalten haben; das zeigen Recherchen der «Berner Zeitung». Die betroffenen Mediziner haben Verträge als Belegärzte und führen im Beau-Site jährlich 400 Operationen am offenen Herzen durch.

Neue Verträge versprochen

Die Spitalleitung soll die Kündigungen bereits im Juni verschickt haben, ohne Angaben von Gründen. Angeblich soll die Spitalleitung den Ärzten neue Verträge angeboten haben, was bis heute nicht geschehen sei.
Die «Berner Zeitung» stützt sich auf Aussagen aus der Entourage der betroffenen Mediziner; diese selber nahmen nicht Stellung. Und die Sprecherin des Spitals hüllt sich in Schweigen. «Die betroffenen Ärzte sind konsterniert, sie haben keine Ahnung, ob es für sie im Beau-Site eine Zukunft gibt», schreibt die BZ.
Eine Zukunft hätten die drei Ärzte sonst wohl höchstens ausserhalb des Kantons. Im Kanton Bern dürfen Operationen am offenen Herzen nur im Inselspital und im Beau-Site durchgeführt werden. Wenn die Ärzte nun wegen Thierry Carrel keinen Vertrag mehr erhalten, dürften sie auch im Inselspital kaum unterkommen.

Wettstreit um Spitzenmedizin

Die Entwicklung könnte auch einen politischen Hintergrund haben. Bern will partout in der Spitzenmedizin mitmischen. Jüngstes Beispiel: Regierungsrat und Gesundheitsdirektor Pierre Alain Schnegg erklärte den Austausch des Insel-Gruppen-Präsidenten letzte Woche damit, dass das Inselspital die Position in der Spitzenmedizin entschlossener stärken müsse – etwa durch Kooperationen, und: etwa in der Herzmedizin.
Nach einer gängigen Meinung hat die Schweiz Platz für drei voll ausgebaute Universitätsspitäler mit allen Spezialdisziplinen. Zürich und die kooperierenden Genf und Lausanne sind gesetzt. Als Nummer drei kommen Basel und Bern in Frage. Mit Thierry Carrel als Aushängeschild nicht nur in der «Insel», sondern auch in der örtlichen Hirslandenklinlik könnte Bern in der Herzchirurgie eine starke Position vorweisen, wenn dereinst wieder um eine Konzentration der hochspezialisierten Herzchirurgie debattiert wird.

Einheitliche Standards, gemeinsame Weiterbildung

Laut einem internen Papier, über das die «NZZ am Sonntag» im Mai berichtete, will Hirslanden Thierry Carrels Team «den Lead in der Leistungserbringung» bei der Herzchirurgie im Beau-Site übertragen. Carrel soll interdisziplinäre «Heart-Teams» bilden, und zwar in engem Kontakt mit der Insel Gruppe. Die Rede war von einheitlichen Standards und gemeinsamer Aus- und Weiterbildung.
Dass dieser Plan andererseits den Missmut der aktuellen Ärzte in der Privatklinik weckt, wäre ebenfalls naheliegend. Denn logischerweise würde Thierry Carrel künftig viele Operationen im Haus vornehmen, entweder selbst oder durch Herzchirurgen aus seinem Inselspital-Team. Damit würden den Belegärzten lukrative Fälle entgehen.

Hier Aargau, da Biel

Bekanntlich arbeiten Hirslanden sowie Thierry Carrel, 57, und Lars Englberger bereits im Aargau zusammen: Seit 2014 engagieren sich die beiden Insel-Herzspezialisten am Herz-Zentrum der Hirslanden Klinik Aarau.
Hinzu kam seither die Privatklinik Linde in Biel, die von Hirslanden im Sommer übernommen wurde. Sie hat zwar keine Herzeingriffe im Angebot, aber in den Diskussionen mit den Aktionären legte die Hirslanden-Spitze diese Vision vor: Es könnte sich anbieten, dass die Linde in Zusammenarbeit mit der Klinik Beau-Site ein Angebot in Kardiologie aufbaut. 
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Neuer Leistungsauftrag für die Oberwaid

Die Klinik Oberwaid ist neu auch mit muskuloskelettaler Rehabilitation auf der Spitalliste der Kantone St. Gallen, Appenzell Ausserrhoden und Appenzell Innerrhoden. So kann die Oberwaid auch in diesem Fachgebiet grundversicherte Patienten behandeln und leistet einen wichtigen Beitrag in der Region.

image

Zurück in die Vergangenheit: Spitäler wollen Geld vom Kanton

An sich sollten die Kantone ihre Spitäler nicht mehr finanzieren. Doch immer häufiger zahlen die Regierungen trotzdem – und verzerren möglicherweise den Wettbewerb.

image

Luzerner Kantonsspital braucht wohl bald Geld

Die Höhenklinik des Spitals machte 180'000 Franken Verlust - pro Monat. Die Kantonsregierung rechnet damit, dass das Kantonsspital Hilfe braucht.

image

Spital Samedan gehört bald zum Kantonsspital Graubünden

Dadurch werden wohl einzelne Stellen neu ausgerichtet oder aufgehoben. Andererseits dürften in den medizinischen Bereichen rund 20 zusätzliche Stellen entstehen.

image

100 Millionen Franken? Danke, nicht nötig.

Der Kanton Graubünden plante einen Rettungsschirm für notleidende Spitäler und Gesundheits-Institutionen. Die Idee kam schlecht an.

image

LUKS Gruppe baut Verwaltungsrat um

Elsi Meier, Giatgen A. Spinas und Pauline de Vos verlassen das Gremium. Die Nachfolge-Suche hat bereits begonnen.

Vom gleichen Autor

image

«Hospital at Home ist Medizin im Team»

Die Spitex will beim Konzept Hospital@Home von Beginn weg eine zentrale Rolle spielen. Das ist aber nicht überall der Fall.

image

Palliative Care: «Wir brauchen nicht mehr Betten in Spitälern, aber in Hospizen»

Renate Gurtner Vontobel, die ehemalige Geschäftsführerin von Palliative.ch, blickt auf ihre fünfeinhalbjährige Amtszeit zurück.

image

«Kritiker der Komplementärmedizin haben eine zu einseitige Sicht»

SP-Ständerätin Franziska Roth kritisiert im Interview die Haltung von Gegnern der Komplementärmedizin. Sie verkennen den Wert der ärztlichen Expertise.