Wie Susanne Ruoff das Gesundheitswesen hochfährt

Die Post-Chefin vernetzt mit der elektronischen Plattform «Vivates» immer mehr Ärzte, Spitäler, Apotheken und Patienten. Schritt für Schritt hat sie den Staatsbetrieb in der Boombranche E-Health etabliert.

, 23. Oktober 2015 um 13:52
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Die Post stellt seit mehreren Jahren nicht nur Briefe und Pakete zu, sondern auch elektronische Gesundheitsdaten. So verschickt sie über ihre E-Health-Plattform Vivates Berichte oder Behandlungspläne in verschlüsselter digitaler Form von Ärzten zu Spitälern, von Apothekern zu Patienten, von Spezialisten zu Pflegefachleuten. Alles in allem gibt es laut Post 300 Millionen solcher Dokumente. 
In den letzten Jahren hat die Post immer mehr Akteure auf Vivates eingebunden. Und vor wenigen Tagen nahm sie eine weitere Etappe hin zum Ziel, die Datendrehscheibe in der Schweiz als «Standardlösung» zu etablieren. 
Dazu hat die Post das Health Care Research Institute übernommen; HCRI ist mit 17 Mitarbeitenden «Marktführerin im datengestützten Qualitätsmanagement von Prozessen und in der Informationsverarbeitung im Gesundheitswesen», wie es in einer Mitteilung heisst. Das Unternehmen zählt über 400 Institutionen wie Spitäler, Kliniken und Pflegeeinrichtungen zu seinen Kunden.

«Ein wichtiger Trump in unserer Hand»

Post-Chefin Susanne Ruoff löst damit ein Versprechen ein, das mit ihrer Berufung an die Post-Spitze vor drei Jahren verbunden worden war. Die IT-Spezialistin, die bei IBM und bei British Telecom Karriere gemacht hatte, sollte der Post mehr Schub im Digitalgeschäft verpassen. 
Schritt für Schritt hat sie nun den Staatsbetrieb in eine aussichtsreiche Lage auf dem Boommarkt E-Health gebracht.
«Der sichere Transport von sensiblen Informationen gehört zu den Kernkompetenzen der Post – das ist ein wichtiger Trumpf in unserer Hand», sagte sie an einer Medienkonferenz im Juni. 

An Bord sind Ärzte und Apotheker...

Damals gab sie Partnerschaften mit dem vom Ärzteverband FMH gegründeten Health Info Net (HIN) bekannt. Das Netzwerk ermöglicht Medizinern den geschützten Austausch von Informationen per Mail. Rund 85 Prozent der Ärzte und mehrere hundert Gesundheits-Institutionen haben einen HIN-Zugang, und mit dem gleichen Passwort können sie sich auch auf Vivates einloggen. 
Gleichzeitig holte sie auch die Berufsgenossenschaft der Schweizer Apotheker (Ofac) an Bord, der 70 Prozent aller Apotheken angehören. 

...und Kantone und Kantonsspitäler 

Zudem konnte Ruoff mehrere Kantonsspitäler und die Kantone Genf, Tessin, Waadt, Aargau und Zürich als Kunden gewinnen, für die die Post verschiedene Lösungen entwickelt. Genf war Mitte 2013 der erste Kanton, der mit der Plattform MonDossierMedical.ch das elektronische Patientendossier einführte. Im Kanton Aargau etwa können die an den Kantonsspitälern Aargau und Baden tätigen Ärzte über Vivates die Zuweisung von Patienten mitsamt Eintrittstermin per Mausklick vornehmen. 

Post und Swisscom im Wettbewerb

Der Austausch von digitalen Daten gehört zu den wichtigsten Vorhaben der Schweizer Gesundheitsbranche. Neben der Post hat mit der Swisscom ein weiterer bundesnaher Betrieb Lösungen entwickelt, wobei sich dessen Plattform Evita mit Vivates in gewissen Punkten sogar konkurrenziert. 
Evita soll sich allerdings stärker als Vivates am Patienten orientieren. Und mit Curabill bietet Swisscom ein Tool, auch Zahlungsflüsse im Gesundheitswesen elektronisch abzuwickeln. 

Für jeden Schweizer eine digitale Akte

Dass sich das elektronische Patientendossier durchsetzen wird, steht ausser Frage. Das entsprechende Bundesgesetz tritt voraussichtlich 2017 in Kraft, in einigen Kantonen ist die Einführung bereits ohne Gesetz weit fortgeschritten. Damit erhalten künftig alle in der Schweiz lebenden Personen ein elektronisches Patientendossier. 
Darüber, wie viel Geld sich mit dem Austausch von digitalen Gesundheitsdaten einsparen lässt, gibt es zahlreiche Schätzungen. Post und Swisscom rechnen mit mehreren Milliarden Franken.
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