Qualitätsmessungen: In Spitalambulatorien haperts damit

Laut Krankenversicherungsgesetz (KVG) müssten Spitäler qualitätssichernde Massnahmen ergreifen. Sie tun dies auch, aber nur im stationären, nicht aber im wachsenden ambulanten Spitalbereich. Noch nicht. Es scheitert vorläufig noch an der Frage der Finanzierung.

, 25. März 2018 um 21:28
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Im April letzten Jahres erklärte Thomas Straubhaar an dieser Stelle: «Im kommenden Jahr sollten wir beim ANQ soweit sein, auch bei Spitalambulatorien Qualitätsmessungen vorzunehmen oder mindestens die entsprechenden Vorbereitungen zu treffen». Der ANQ ist der «Nationale Verein für Qualitätsentwicklung in Spitälern und Kliniken». Er ist zuständig für die Qualitätsmessung im stationären Bereich. In seiner Strategie hält der Verein indessen fest, dass er die Erweiterung in den spitalambulanten Bereich anstrebt.

Knackpunkt Finanzierung

Heute, knapp ein Jahr später, ist Straubhaar betreffend Zeitpunkt weniger optimistisch. «Derzeit ist der ANQ damit beschäftigt, grundsätzliche inhaltliche Fragestellungen zu klären. Hierbei stellt unter anderem das Thema der Finanzierung eine der grossen Herausforderungen dar», sagt Straubhaar. 
Wann die angestrebte Erweiterung in den spitalambulanten Bereich vollzogen werden kann, lasse sich erst nach der Klärung der Finanzierung sagen, so Straubhaar, der seit dem vergangenen Sommer die auf Geriatrie spezialisierte Klinik Siloah in Muri bei Bern leitet.

Tarmed statt DRG

Im stationären Bereich werden die Kosten der Qualitätssicherung via DRG abgerechnet. Logischerweise müssten dann im ambulanten Bereich die Kosten über den Tarmed abgerechnet werden können, was insgesamt die Behandlungen teurer macht.
Professor Bernhard Güntert ist unter anderem verantwortlich für Qualitätsfragen beim Krankenkassenverband Curafutura und ebenfalls Vorstandsmitglied beim ANQ. Trotz nicht geklärter Finanzierung rechnet er damit, dass der ANQ Ende Jahr oder spätestens im kommenden Jahr einen inhaltlichen Vorschlag präsentieren wird. Eine interne Arbeitsgruppe sei derzeit daran, die Eckpfeiler zu definieren, wie die Qualität der Behandlungen im spitalambulanten Bereich erfasst werden könnte.

So könnte es gehen

Schaut man beispielsweise ins Ausland, werden in den USA, in Grossbritannien und in Skandinavien unter anderem sogenannte PROMs, Patient Reported Outcome Measures zu diesem Zweck eingesetzt. Im Wesentlichen geht es darum, Informationen über den Gesundheitszustand der Patienten vor und nach der Operation zu sammeln.
In England zum Beispiel werden zu diesem Zweck zwei Fragebögen eingesetzt. Die präoperative Umfrage wird von Mitarbeitern des Spitals durchgeführt; und der Fragebogen für die postoperative Umfrage wird drei oder sechs Monate nach dem Eingriff dem Patienten zugeschickt. Nach Angaben von Professor Bernhard Güntert verursacht eine derartige Qualitätserhebung einen nicht unerheblichen zusätzlichen Aufwand.
Als der ANQ vor acht Jahren ins Leben gerufen wurde, hatten Spitalambulatorien noch nicht den gleichen Stellenwert wie heute. Dies ist laut Güntert mit ein Grund, weshalb im spitalambulanten Bereich noch keine national einheitlichen Qualitätsmessungen stattfinden.

Hemmschuh Monimus

Dass sich die Player, namentlich die Spitäler und Krankenkassen, mit der Finanzierungsfrage schwer tun, wird den aufmerksamen Beobachter kaum überraschen. Der Hemmschuh heisst Monismus: Die Krankenkassen bezahlen im stationären Bereich 45 Prozent, im ambulanten Bereich jedoch 100 Prozent der Kosten. 
Dass dadurch falsche Anreize entstehen, liegt auf der Hand. Deshalb kämpfen die Kassen - und hier vor allem Curafutura - für eine einheitliche Finanzierung (EFAS), wie immer sie auch aussehen mag. Solange diesbezüglich keine Klarheit herrscht, dürften die Kassen wenig Begeisterung zeigen, die Kosten für Qualitätsmessungen im ambulanten Spitalbereich alleine zu tragen.
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