Der Verband misst den Blutdruck, das Pflaster ruft die Pflegerin

Nanotechnologie und Elektronik auf der Haut: Drei neue Beispiele zeigen das Potential des Pflasters für Diagnostik und Infektionsbekämpfung.

, 22. April 2016 um 04:00
image
  • trends
  • forschung
  • infektiologie

 

1. «E-Skin»: Eine Hautschicht als Diagnose-Gerät

Forscher in Tokio entwickelten eine «E-Skin». Das ist ein elektronisches Tattoo, das über die Haut zum Diagnosegerät wird. Der extrem dünne Film liegt wie ein Pflaster auf und misst Biodaten wie die Herzschlagfrequenz oder den Sauerstoffgehalt im Blut.
Die japanischen Forscher arbeiten mit einem ultra-flexibles Material, das alle Körperbewegungen mitmacht und aus Silicon, Polymer LEDs (für das integrierte Digital Display) und dem organischen Material Parylene besteht. Die kostengünstige Lösung lässt sich für eine gewisse Zeit tragen, leicht entfernen und ersetzen.
Mit dieser elektronischen Haut entfällt die Warte- und Diagnosezeit an Monitoren oder anderen Geräten im Spital. Der Patient nimmt über die Tattoo-Folie die Körpermessungen mit in den Alltag: Diabetes, Blutdruck und mehr ohne Nadelpieksen. 

 

 

2. Leuchtfarbe bei Infektionsgefahr

Toby Jenkins leitet an der britischen Universität in Bath eine Forschergruppe, die einen Verband präsentierte, welcher Alarm auslöst, wenn sich eine Wunde insfisziert hat. Innert 10 bis 20 Minuten verändert das Pflaster seine Farbe, es wird giftgrün: Denn der Stoff hat krankheitserregende Bakterien anhand ihrer Sekrete erkannt – und er aktiviert dann den Farbstoff in den Nanokapseln des Verbandes.
image
Bild: Universität Bath
Mit herkömmlichen Verbänden lassen sich Infektionsgefahren nur in Zeiträumen von bis zu 48 Stunden und mit schmerzhaften Verbandswechseln feststellen – und auch dann ohne Garantien. Vor allem für Kinder sind solche Prozesse sehr belastend. 
Die Hoffnung ist natürlich auch, dass mit dem Farbpflaster zugleich dem Meta-Problem der Antibiotika-Resistenz und der oft unnötigen Anwendung von Antibiotika etwas entgegengewirkt werden kann.
Die Forscher in Bath sind mitten in der Pilotphase, um die Stabilität und Leistungsfähigkeit des Prototyps in Zusammenarbeit mit Spitälern zu testen.

3. Pflaster aus dem 3D-Drucker gegen resistente Bakterien

An der chinesischen Nanchang Universität haben Forscher ein Pflaster gegen die Verbreitung von resistenten Bakterien vorgelegt. Das Pflaster lässt sich mittels einem «Schalter» in drei Stufen anwenden, wie das Fachmagazin «Internetmedicine» berichtete.
  • Schaltung «Packaged»: Geringer Giftgehalt, hohe Stabilität.
  • Schaltung «On»: Potentielle antibakterielle Aktivität inklusive resistente Erregerstämme
  • Schaltung «Off»: Einfache Abscheidung

image
Die schaltbaren Pflaster der Nanchang Universität
Die Lösung aus Nanking beruht auf antibiotischen Nanopartikeln. Der springende Punkt dabei: Sie insgesamt sehr einfach und lässt sich über einen 3D-Drucker herstellen. 
David Mills von der Louisana Tech University kommentierte die Arbeit sehr positiv: «Diese Muster vermischen Nanotechnologie, Chemie und wissenschaftliche Materialien unter gleichzeitiger Verwendung des 3D-Drucks für eine weltreale Biomedizin. Das Team von Xiaolei Wang arbeitet an der Zukunft der medizinischen Behandlung «on demand». Hochpersonalisiert und auf Patienten abgestimmt - nicht mit einer Grösse für alle.»
Abstrakt im Journal Advanced Electronic Materials: «300-nm Imperceptible, Ultraflexible, and Biocompatible e-Skin Fit with Tactile Sensors and Organic Transistors» (ganze Publikation kostenpflichtig).
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Was unsere Fingernägel über unsere Ernährung verraten

Eine Studie der Hochschule Fulda zeigt erstmals im Detail, wie zuverlässig Mineralstoffmuster in Nägeln den Ernährungsstil abbilden können.

image

Die meistzitierten Medizin-Forscher in der Schweiz

Besonders in Onkologie, Immunologie und Pharmakologie finden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der Schweiz weltweit Beachtung.

image

Hospital-at-Home kommt ans linke Zürichseeufer

Ab sofort können Patienten am linken Zürichseeufer über das See-Spital Horgen, die Hospital at Home AG und die Spitex Horgen-Oberrieden zu Hause statt im Spital behandelt werden.

image

ETH Zürich: Mikroroboter bringt Medikamente direkt ins Gehirn

ETH-Forschende haben einen magnetisch steuerbaren Mikroroboter entwickelt, der auch in komplexe Gefässstrukturen vordringt. Das System bringt Medikamente präzise an den Zielort – und löst sich danach auf.

image

Diese 29 Erfindungen machen die Medizin smarter

Das US-Magazin «Time» kürte die wichtigsten Innovationen des Jahres aus dem Gesundheitswesen. Die Auswahl zeigt: Fortschritt in der Medizin bedeutet heute vor allem neue Schnittstellen zwischen Mensch, Maschine und Methode.

image

Swiss Bridge Award 2025 geht an Krebsforschende aus Zürich und Berlin

Andreas Moor (ETH Zürich) und Inmaculada Martínez Reyes (DKFZ/Charité Berlin) erhalten je 250’000 Franken für ihre Arbeiten an zielgerichteten Krebstherapien – von «smarten» Proteinmolekülen bis zu personalisierten Immunzellen.

Vom gleichen Autor

image

Katar sucht 4000 Fachpersonen aus der Gesundheitsbranche

Die Gesundheits-Strategie 2022 des Emirats will die medizinische Versorgung massiv abbauen. Der Wüstenstaat will 4000 Fachpersonen aus aller Welt rekrutieren.

image

Swiss Medtech Award: Das sind die drei Finalisten

Drei Unternehmen zeigen den State of the Art: Es geht um präzisere Tumor-Operationen, um Trainingshilfen für Schlaganfall-Patienten – und um Operationen in den Tiefen des Auges.

image

«Beeindruckend hoch»: Jeder dritte Arzt steigt aus

Neue Daten machen es offensichtlich: Die Gesundheitsbranche kann ihr Personal nur schlecht halten. Viele steigen aus. Und die meisten wechseln dann den Beruf und die Branche.