Swiss Medtech Award: Das sind die drei Finalisten

Drei Unternehmen zeigen den State of the Art: Es geht um präzisere Tumor-Operationen, um Trainingshilfen für Schlaganfall-Patienten – und um Operationen in den Tiefen des Auges.

, 6. Mai 2016 um 04:00
image
  • trends
  • medizinaltechnik
  • universitätsspital lausanne
  • eth
Am Swiss Medtech Day vom in Bern wird auch der wohl wichtigste Branchen-Preis überreicht – der CTI Swiss Medtech Award.
Jetzt sind die Finalisten bekannt: Drei Unternehmen mit der Chance, am 7. Juni 2016 von Johann N. Schneider-Ammann den Schweizer Medtech-Award überreicht zu bekommen.

 

1. Der «Radpointer»: Zur punktgenauen Lokalisierung von Tumoren

Dieses gemeinsame Projekt von Unispital Lausanne (CHUV), EPFL und der Genfer Firma Forimtech will im Kampf gegen den Krebs ein neues Kapitel aufschlagen: Das Team um den Genfer Nuklearphysiker Eugène Grigoriev hat eine Sonde entwickelt, die das Radiopharmakon, welches sich nach der Emission-Tomographie im Körper befindet, dazu nutzt, um die Krebszellen noch genauer zu lokalisieren.
Der «Radpointer» wurde am CHUV schon mehrfach bei Operationen angewandt, und er ermöglichte es dabei, sehr kleine und tief liegende endokrine Tumore punktgenau zu lokalisieren.
Die Sonde kommuniziert via Bluetooth mit dem Computer. Die Analysewerte werden als Zahl auf dem Bildschirm und als Ton angegeben: je näher am Tumor, desto höher die Zahl und lauter der Ton. Das Unternehmen schätzt den potenziellen Markt auf weltweit 850’000 Sonden pro Jahr.

2. Der Femtosekundenlaser: Schnitte in den Tiefen des Auges

Augenchirurgen konnten bisher nur Gewebe behandeln,dessen Lage genau bekannt war. Deshalb konzentrierte sich die Anwendung der Lasersysteme auf die Chirurgie der Hornhaut, der Oberfläche des Auges. Die grössten Umsätze verspricht allerdings der Markt für Katarakt-Patienten: Die Operation des Grauen Stars ist weltweit der am häufigsten durchgeführte chirurgische Eingriff überhaupt.
Der Einsatz des Femtosekundenlaser nicht nur in der Hornhaut, sondern auch in der Linse: Dies nun das Ziel von Ziemer Ophtalmic Systems. Mit dem HUCE-optoLab der Berner Fachhochschule hat das Unternehmen aus dem Seeland ein bildgebendes Verfahren entwickelt, das dem Chirurgen gezielte Schnitte in den Tiefen des Auges erlaubt.

  • Film über den Ersteinsatz des Femto LDV Z8

Denn Voraussetzung für den Lasereinsatz in der Linse ist ein integriertes bildgebendes Verfahren. Da die Lagen von tief im Auge liegenden Operationsgebieten von Patient zu Patient stark variieren, muss der Chirurg den Eingriffs-Ort genau bestimmen können.
Bevor das der Femto LDV Z8 – so der Produktname – an den Patienten angedockt wird, gibt der Chirurg das gewünschte Behandlungsmuster ein. Dann liefert das Gerät Querschnittsbilder des Auges und platziert automatisch Schnitte; diese kann der Chirurg auf dem Bildschirm verschieben. Schliesslich zerschneidet der Laser den Bereich der Linse, der entfernt werden soll, damit der Arzt das Material leicht extrahieren kann.
Inzwischen hat Ziemer gut 100 dieser optimierten Femtosekundenlasergeräte an Spitäler und Augenkliniken verkauft.

 

Das Neuro-Stimulations-Gerät: Ein System für die Rehabilitation nach einem Schlaganfall.

Das Ziel ist hier, Menschen zu helfen, deren Bewegungsapparat nach einem Schlaganfall eingeschränkt oder gelähmt ist. Die grundlegende Idee hinter dem Projekt der EPFL und ihres Spin-offs Intento: Neurowissenschaftler decodieren Gehirnsignalmuster und übersetzen sie in Befehle für Unterstützungssysteme. 
Moderne Methode, aber für ein breites Publikum
Im Hintergrund steht die Einsicht, dass Patienten, die ihre Bewegungen mit Funktioneller Elektro-Stimulation (FES) kontrollieren können, auch eine starke funktionelle Erholung aufweisen. Intento entwickelt nun Geräte, welche beispielsweise die Constraint-induced Movement-Methode anwenden: Dabei wird der gesunde Arm fixiert; alltägliche Aktivitäten muss der Patient mit dem gelähmten Arm ausführen.
Die Kernidee: Mit bedienerfreundlichen Geräten soll die CIMT-Methode für die grosse Mehrheit der Schlaganfallpatienten verfügbar gemacht werden. Das System besteht aus einer Tablet-Software und einem Gerät zur Bewegungssteuerung, das mit einem elektrischen Stimulator verbunden wird. Der Therapeut wählt auf dem Tablet eine von mehreren Bewegungen, die geübt werden müssen, zum Beispiel «Ein Glas ergreifen und zum Mund führen».
In einem klinischen Test in Lausanne zeigten 80 Prozent der Patienten mit der Therapie nach zwei Wochen eine klinisch relevante Differenz; bei den konventionellen intensiven Therapien sind es nur 30 Prozent.
Intento will das Produkt in zwei Versionen auf den Markt bringen – einer ersten für den Einsatz in Spitälern, gefolgt von einer zweiten für den einfachen Einsatz zuhause.

Der Swiss Medtech Day

Der Swiss Medtech Day vom 7. Juni in Bern wird erstmals von Medical Cluster und Branchenverband Fasmed gemeinsam mit der Kommission für Technologie und Innovation durchgeführt.
Im Zentrum des grössten Schweizer Medtech-Events stehen die Verleihung des CTI Swiss Medtech Award 2016 und vier Breakout Sessions. Diese durchleuchten für die Branche entscheidende Zukunftsfragen – zum Schweizer Werkplatz 2020, zu einer nachhaltigen Innovationskultur, zu «State of the Art Research» sowie zum Marktzugang von Medtech-Produkten.
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

ETH Zürich: Mikroroboter bringt Medikamente direkt ins Gehirn

ETH-Forschende haben einen magnetisch steuerbaren Mikroroboter entwickelt, der auch in komplexe Gefässstrukturen vordringt. Das System bringt Medikamente präzise an den Zielort – und löst sich danach auf.

image

Diese 29 Erfindungen machen die Medizin smarter

Das US-Magazin «Time» kürte die wichtigsten Innovationen des Jahres aus dem Gesundheitswesen. Die Auswahl zeigt: Fortschritt in der Medizin bedeutet heute vor allem neue Schnittstellen zwischen Mensch, Maschine und Methode.

image

KSGR: Frauenklinik führt 4-Tage-Woche ein

Die Frauenklinik Fontana des Kantonsspitals Graubünden führt eine 4-Tage-Woche ein: 42 Stunden werden auf vier Tage verteilt, das Gehalt bleibt unverändert. Andere Spitäler sehen das Modell skeptisch.

image

J&J und der Health Science Club: Brücke zwischen Industrie und Wissenschaft

Johnson & Johnson fördert die nächste Generation von Healthcare-Innovatoren durch eine enge Zusammenarbeit mit Studierendenorganisationen der ETH Zürich und der Universität Zürich.

image

Erstmals sind mehr Kinder über- als untergewichtig

Es gibt immer weniger Kinder, die unterernährt sind – dafür immer mehr, die zu viel essen. Auch in der Schweiz. Das zeigt der neuste Uno-Bericht.

image

Deutschland: Drogerieriese drängt in Gesundheitsvorsorge

Die Drogeriekette DM bietet neu auch Gesundheitsservices an. Der Konzern arbeitet mit professionellen Partnern – Fachärzte äussern Kritik.

Vom gleichen Autor

image

Katar sucht 4000 Fachpersonen aus der Gesundheitsbranche

Die Gesundheits-Strategie 2022 des Emirats will die medizinische Versorgung massiv abbauen. Der Wüstenstaat will 4000 Fachpersonen aus aller Welt rekrutieren.

image

«Beeindruckend hoch»: Jeder dritte Arzt steigt aus

Neue Daten machen es offensichtlich: Die Gesundheitsbranche kann ihr Personal nur schlecht halten. Viele steigen aus. Und die meisten wechseln dann den Beruf und die Branche.

image

Schweizer Innovationen an der «Health 2.0»

Auch Schweizer Unternehmer und Start-ups präsentieren sich an der grössten Innovationskonferenz für das digitale Gesundheitswesen in Barcelona. Hier schon vorab einige Inspirationen zur dreitägigen Messe.