Ein Chefarzt hatte merkwürdige Geldflüsse von insgesamt fast 1 Million Franken über sein Konto weiter geleitet. Angeblich ging es um die Beurteilung von Patientendossiers libyscher Staatsbürger. Das Berner Wirtschaftsstrafgericht sah es als erwiesen an, dass hier Geld veruntreut wurde,
wie auch Medinside berichtete.
Der Mann (Name der Redaktion bekannt) war kurzem noch Chefarzt an einer Privatklinik mitten in der Stadt Bern. Jetzt ruft man die Webseite mit seinem Namen aber vergebens auf: ERROR. Seine Angaben sind dort nicht mehr aufgeführt; die Seite lässt sich nur noch im Archiv aufrufen.
Chefarzt ist bereits weg
Ein Anruf läuft ins Leere: Die Praxis sei bis am 10. Februar 2018 geschlossen, erklärt die Stimme auf dem Telefonbeantworter. Fakt ist: Der Allgemeinmediziner arbeitet seit Ende Januar 2019 nicht mehr für die Privatklinik, wie aus gut unterrichteter Quelle zu erfahren war. Das Spital Klinik bestätigt, dass der besagte Chefarzt und die Klinik übereingekommen seien, per Ende Januar 2019 getrennte Wege zu gehen.
Der Chefarzt, der bereits Mitglieder des Ghadhafi-Regimes behandelt hatte und heute Hausarzt mehrerer ausländischer Botschafter ist, kassierte eine bedingte Freiheitsstrafe. Zudem muss der Mediziner 180'000 Franken in die Kasse des Kantons Bern zahlen – und die Verfahrenskosten von 21'000 Franken tragen. Für eine Stellungnahme war der Mediziner nicht erreichbar.
Mit Stempeln der Klinik
Ob der Mann das Urteil akzeptiert oder ans Obergericht weiterzieht, ist noch offen. Es drängt sich aber der Verdacht auf, dass sich die Klinik vom Chefarzt getrennt hat. Denn die merkwürdigen Kostenschätzungen für die libyschen Patienten erstellte der Mediziner auf Briefpapier und mit Stempeln der Klinik. Über die Gründe des Abgangs schweigt die Klinik und verweist auf den Persönlichkeitsschutz.
Wer künftig seine Patienten betreut und wer die Nachfolge des über 60-jährigen Chefarztes übernimmt, ist bislang unklar. Die betriebliche Gesamtleitung des Departements Allgemeine Innere Medizin stellen bis auf weiteres die beiden Stellvertretenden Chefärzte sicher, wie es auf Anfrage heisst. Ambulante Patienten würden intern weiterverwiesen oder oder bei der Suche nach einer passenden neuen ärztlichen Betreuung unterstützt.