Inselspital: Weltpremiere mit Operationsroboter

Chirurgen und Ingenieuren des Inselspitals und der Universität Bern gelang die weltweit erste roboterassistierte Cochlea-Implantation. Es handelt sich um eine Operation im Millimeterbereich.

, 16. März 2017 um 05:00
image
Eine Implantation der Cochlea (Hörschnecke) wird bei tauben Patienten angewendet und erfordert absolute Präzisionsarbeit. Um das Implantat ins Ohr einzubringen, muss ein Chirurg manuell hinter der Ohrmuschel einen exakten Zugang durch den Schädelknochen bis ins Innenohr herstellen. 
Dabei muss einerseits ausreichend Knochen entfernt werden, um die notwendige Sicht auf das Innenohr zu gewährleisten, anderseits müssen Verletzungen der im Knochen verlaufenden Gesichts- und Geschmacksnerven vermieden werden. Die Implantatelektrode wird danach in die Hörschnecke eingebracht und erlaubt dem Patienten, wieder zu hören. 
In einem Forschungsprojekt vom Berner Inselspital und dem ARTORG Center for Biomedical Engineering Research der Universität Bern untersuchten Wissenschaftler neuartige, computer- und robotergestützte Ansätze, die zu einem besseren Operationsergebnis beitragen. Die erste roboterassistierte Implantation verlief erfolgreich; die Arbeit wurde nun in der Fachzeitschrift «Science Robotics» publiziert. 
Stefan Weber, Kate Gavaghan, Wilhelm Wimmer, Tom Williamson, Nicolas Gerber, Juan Anso, Brett Bell, Arne Feldmann, Christoph Rathgeb, Marco Matulic, Manuel Stebinger, Daniel Schneider, Georgios Mantokouids, Oliver Scheidegger, Franca Wagner, Martin Kompis, Marco Caversaccio: «Instrument flight to the inner ear» - in: «Science Robotics», 15. März 2017

Instrumentenflug durchs Innenohr

Wegen der engen Platzverhältnisse im Innenohr muss der Roboter auf wenige Zehntelmillimeter genau bohren können. Für den Chirurgen gibt es kein direkte visuelle Kontrolle. Damit die Sicherheit des Bohrvorgangs gewährleistet ist und die Chirurgen wissen, ob der Roboter auf dem vorgesehenen Weg ist, sind verschiedene voneinander unabhängige Sicherheitsmechanismen nötig. Diese wurden in diesem Verfahren erstmalig angewendet. Sie sind vergleichbar mit dem «Autopiloten» eines modernen Flugzeugs, das auch bei fehlender Sicht fliegen kann. 

Langjährige interdisziplinäre Zusammenarbeit

«Diese erste roboterassistierte Cochlea-Implantation ist das Ergebnis einer Dekade gemeinsamer interdisziplinärer Forschung von Ingenieuren, Chirurgen, Neuroradiologen, Neurologen und Audiologen», sagt Marco Caversaccio, Direktor der Universitätsklinik für HNO, Kopf- und Halschirurgie am Inselspital Bern. Der Schritt in die Klinik sei ein erfolgreiches Beispiel der Translation von Forschungsarbeiten. 
In den Folgestudien des Projekts - etwa Anwendungen zur Wirkstoffdosierung im Innenohr - sollen neue biomedizinische Ergebnisse mit Hilfe des Schweizer Nationalen Zentrums für Translationale Medizin und Unternehmertum gefördert werden. 

Video über die Cochlea-Implantation

Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Palliative Care: Zeigen, was ist

Die Stiftung Palliaviva macht in einem Foto-Projekt die Realität von Palliative Care sichtbar – damit die Öffentlichkeit besser für die Betreuungsarbeit sensibilisiert wird.

image

Genolier Innovation Hub: Wo sich medizinische Visionen und klinische Praxis treffen

Der Genolier Innovation Hub wird an diesem Wochenende eröffnet. Der Campus am Genfersee soll weltweit bekannt werden – wegen Firmen, die hier an den Grenzen der Medizin forschen.

image

«Wir sind einzigartig – weil wir eine Lücke füllen»

Die Schweiz hat ein neues Zentrum für Medizinforschung: den Genolier Innovation Hub mit Anna Gräbner als CEO. Hier erklärt sie, wie Spitzen-Medtech und klinische Arbeit am Genfersee aufeinandertreffen.

image

Datenanalyse: Antibiotikaresistenz wird zum Altersproblem

Der Anteil der Todesfälle wegen Resistenzen sank in den letzten Jahren. Aber die gesellschaftliche Alterung dürfte das Problem nun verschärfen.

image

Krebsforschung ist besorgt, weil Spenden zurückgehen

Bisher hatte die Krebsforschung in der Schweiz genug Spendengeld für Forschungsprojekte. Letztes Jahr musste sie aber zu viele zurückweisen.

image

In der Schweiz leben die Menschen länger – aber kränker

Bei der Lebenserwartung schneidet die Schweiz gut ab. Aber: Besonders Schweizer Frauen erleben die Zusatzjahre bei schlechter Gesundheit.

Vom gleichen Autor

image

Pflege: Zu wenig Zeit für Patienten, zu viele Überstunden

Eine Umfrage des Pflegeberufsverbands SBK legt Schwachpunkte im Pflegealltag offen, die auch Risiken für die Patientensicherheit bergen.

image

Spital Frutigen: Personeller Aderlass in der Gynäkologie

Gleich zwei leitende Gynäkologen verlassen nach kurzer Zeit das Spital.

image

Spitalfinanzierung erhält gute Noten

Der Bundesrat zieht eine positive Bilanz der neuen Spitalfinanzierung. «Ein paar Schwachstellen» hat er dennoch ausgemacht.