Zurück in die Vergangenheit: Spitäler wollen Geld vom Kanton

An sich sollten die Kantone ihre Spitäler nicht mehr finanzieren. Doch immer häufiger zahlen die Regierungen trotzdem – und verzerren möglicherweise den Wettbewerb.

, 12. Februar 2025 um 09:10
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Defizitäre Spitäler erhoffen sich Geld von der öffentlichen Hand. | KI-Bild von Dall-E
Die Spitäler schreiben hohe Defizite, und die Kantone sollen einspringen. Das kommt derzeit öfter vor. Nicht nur in Zürich, wo der Kanton dem Spital Wetzikon allerdings das gewünschte Darlehen von 180 Millionen verweigerte. Dieses reagierte düpiert und fühlte sich benachteiligt, weil Zürich seinem Kinderspital mit viel Geld aus der Finanznot half.
Der Kanton Bern hat letztes Jahr vorsorglich schon 100 Millionen Franken bereitgestellt, damit er notfalls Kliniken retten könnte. Für weitere finanzielle Unterstützung – etwa die Finanzierung von Notfallstationen – ist die Berner Regierung aber nicht zu haben. Die Spitäler sollen sparen – und nicht Geld vom Kanton beziehen, findet die Berner Regierung – und zeigt damit das derzeitige Dilemma.

Seit 2012 müssen Spitäler selber schauen

Denn eigentlich würde die seit 2012 geltende Regelung der Spitalfinanzierung vorsehen, das die Spitäler selber schauen, wie sie zu ihrem Geld kommen. Die Kantonalen Gesundheitsdirektoren haben allerdings Verständnis dafür, das die Spitäler nun trotzdem wieder die öffentliche Hand um Unterstützung bitten.
«Die Tarife sind für viele Spitäler und Leistungen nicht mehr kostendeckend – selbst für effiziente Leistungserbringer nicht», begründet das Tobias Bär, Sprecher der Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK), gegenüber Medinside.

Zug zahlt 0,5 Prozent – Genf: 14,5 Prozent

Bereits 2019 zeigte eine Studie, dass die Kantone ihre Spitäler in ganz unterschiedlich hohem Mass trotzdem weiter finanzieren – und zwar indem sie «Gemeinwirtschaftliche Leistungen» abgelten. Laut der Studie bewegten sich die kantonalen Beiträge damals zwischen 0,5 Prozent (Kanton Zug) und 14,5 Prozent (Kanton Genf) des Gesamtaufwands der Spitäler.
Tobias Bär findet: «Der Vorwurf, die Kantone würden mit ihren GWL-Beiträgen und anderen Subventionen den Wettbewerb verzerren und kostspielige Strukturen aufrechterhalten, ist unberechtigt.» Die Kantone hätten kein Interesse, überteuerte Leistungen zu finanzieren, sondern nähmen ihren verfassungsmässigen Versorgungsauftrag wahr. Den Kantonen komme letztlich die umfassende Versorgungsverantwortung zu.

USZ erhält 690 Millionen Franken

Die Frage bleibt allerdings: Wie viel darf und soll ein Kanton für diese «umfassende Versorgungsverantwortung» zahlen?
Im Fall vom USZ in Zürich will der Kanton dem Spital in Form einer günstigen Anleihe unter die Arme greifen. Vor einer Woche beschloss der Zürcher Regierungsrat dem Spital 690 Millionen Franken für den Neubau Mitte 1 und 2 zu geben. Das Geld erhält das USZ zum Zins, den auch der Kanton zahlt und einem kleinen Aufschlag von einem Viertel Prozent.
Das Finanzportal «Finews» hat den ZKB-Analysten Patrick Hasenböhler dazu befragt, was solche hohen Kantonsgelder für Auswirkungen auf die gesamte Spitalfinanzierung hätten. Hasenböhler sagt einerseits, dass das USZ durch die Unterstützung des Kantons auf dem Kapitalmarkt künftig selber billiger zu Geld kommen könne. Das sei gut.

Andere Spitäler könnten nachziehen

Er vermutet aber auch, dass weitere Kantone nachziehen und erwägen könnten, günstigeres Geld für ihre Spitäler aufzunehmen.
Damit würden die Kantone wieder in die Zeit vor 2012 zurückfallen: Damals war die öffentliche Hand für die Finanzierung der Spitäler verantwortlich. Seit 2012 haben sich allerdings mutmasslich nicht alle Kantone an die neuen gesetzlichen Vorgaben des Bundes gehalten. Besonders die Westschweizer Spitäler beschaffen sich kein Geld vom Kapitalmarkt.

Ungleich lange Spiesse zwischen den Spitälern

Das führt zu ungleich langen Spiessen zwischen den Spitälern. Benachteiligt seien die Spitäler, die ohne Geld von ihrem Kanton auskommen müssen. Das sind vor allem Privatspitäler und Spitäler im Besitz von Stiftungen.
Das grundlegende Problem, so Hasenböhler, sei aber, dass die Spitäler nicht wie andere Unternehmen ihre steigenden Kosten auf ihre Kundschaft überwälzen können, weil sie an feste Tarife gebunden sind.
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