«Unsere Pflegekräfte sollen von der Umstellung profitieren»

Glen George, der Präsident der Vereinigung Zürcher Privatkliniken, erläutert den «Temporär-Stopp» im Kanton Zürich. Es sei denkbar, «dass dieser Schritt langfristig flächendeckend umgesetzt wird.»

, 5. März 2025 um 23:00
image
Privatklinik Bethanien, Hirslanden Klinik Im Park, Privatklinik Lindberg, Sanatorium Kilchberg: Vier der Kliniken, die bald keine temporäre Verstärkung in der Pflege mehr engagieren.
Es war ein Paukenschlag – wenn auch regional begrenzt: In der vergangenen Woche verkündete der Verband Zürcher Krankenhäuser, dass seine Mitglieder geschlossen auf temporäres Pflegefachpersonal verzichten wollen. Insgesamt 35 Institutionen – Akutspitäler, Reha- und Psychiatriekliniken, Pflegezentren – stehen hinter dem Entscheid.
Dem schloss sich umgehend die Vereinigung Zürcher Privatkliniken an: Auch deren Mitglieder wollen künftig auf Temporär-Verstärkung in der Pflege verzichten.
Herr George, warum kommt das jetzt? Gab es in den letzten Monaten Entwicklungen, die das Engagement von Temporärpersonal in der Pflege verstärkt zum Problem werden liessen?
Schon seit geraumer Zeit hat sich abgezeichnet, dass die Abhängigkeit von temporärem Pflegepersonal sowohl die Kosten als auch die Stabilität der Teams innerhalb der Kliniken belastet. Temporärkräfte sind zwar kurzfristig eine Entlastung, aber sie erschweren die Kontinuität in der Betreuung und die Integration. Gerade wir als Privatspitäler legen enormen Wert auf eine persönliche, hochstehende Betreuung der Patientinnen und Patienten. Zudem haben viele Kliniken erkannt, dass nachhaltige Lösungen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen und Personalbindung notwendig sind, anstatt auf kurzfristige externe Lösungen zu setzen.

image
Glen George ist Präsident der Vereinigung Zürcher Privatkliniken ZUP. Als Generaldirektor Zürich von Swiss Medical Network leitet er die Privatklinik Bethanien.

Warum Zürich? Gibt es hier spezifische Entwicklungen, die das Thema drängender machen als in anderen Kantonen?
Der Fachkräftemangel in der Pflege betrifft die ganze Schweiz, doch im Kanton Zürich ist der Wettbewerb um qualifiziertes Personal besonders intensiv. Die hohe Dichte an Gesundheitsinstitutionen und der anhaltende Druck auf die Gesundheitskosten machten das Thema in Zürich besonders dringlich. Zudem gibt es hier bereits länger eine Diskussion über nachhaltige Personalstrategien, die langfristig stabile Teams sichern sollen. Nun folgt die finale Umsetzung dieser Überlegungen.
Mit Hirslanden, Swiss Medical Network oder Clienia sind wichtige Privatklinik-Gruppen an diesem Entscheid beteiligt. Kann man folgern, dass diese Unternehmen die Idee eines «Temporär-Stopps» bald in all ihren Kliniken einsetzen werden?
Sicherlich ist das Interesse an dieser Entwicklung in der gesamten Spitalbranche gross. Jedoch trifft jede Klinik und Klinikgruppe – ob Swiss Medical Network oder andere – ihre Personalentscheide individuell. Dabei spielen auch die jeweiligen Rahmenbedingungen der Standorte eine grosse Rolle. Es ist aber nicht auszuschliessen und aus meiner Sicht auch begrüssenswert, dass dieser Schritt langfristig flächendeckend umgesetzt wird – vor allem, wenn sich die Ergebnisse in den folgenden Monaten und Jahren zeigen werden.
Der Verband SBK befürchtet, dass es dann zur Arbeitsverdichtung für das angestellte Personal kommt. Steigt nun die Belastung für das festangestellte Personal?
Nein, unser klares Ziel ist es, dies zu vermeiden. Die Kliniken sind sich der Herausforderung bewusst und arbeiten an neuen Dienstplanmodellen, die eine faire Verteilung der Arbeitslast sicherstellen. Mit einer verlässlichen Personalplanung reduzieren wir die Belastung und schaffen langfristig attraktivere Arbeitsbedingungen. Unsere Pflegekräfte sollen von der Umstellung profitieren – und nicht noch mehr zusätzliche Arbeit erhalten.
Die Mitglieder des Verbands Zürcher Krankenhäuser wollen ab Sommer keine Temporärkräfte mehr engagieren. Gilt dieser Zeitrahmen auch für die Privatkliniken?
Ja, wie die Mitglieder des VZK werden die beteiligten privaten Vertragsspitäler den Wechsel auf eine ausschliessliche Festanstellung von Pflegekräften bis spätestens Sommer 2025 vollziehen.
Ein Pflegefachmann kommentierte den Entscheid auf LinkedIn mit dem Satz: «Das heisst, jetzt müssen die Arbeitgeber liefern und zeigen, dass sie auch aktiv was tun wollen und nicht nur auf dem Papier.» Wird der Wechsel begleitet von neuen Angeboten?
Ja, der Abbau des Temporär-Anteils geht Hand in Hand mit Anpassungen in den Arbeitsmodellen. Viele Kliniken arbeiten an flexibleren Arbeitszeitmodellen, besseren Entwicklungsmöglichkeiten und einer verbesserten Planung für das Personal. Die Arbeitgeber sind sich bewusst, dass dieser Schritt nur erfolgreich sein kann, wenn er mit konkreten Massnahmen zur Attraktivitätssteigerung der Pflegeberufe einhergeht. Wir würden uns wünschen, damit auch kommende Generationen für einen Job in der Pflege zu begeistern.
Artikel teilen

Loading

Kommentar

Mehr zum Thema

image

Neue Generaldirektorin für die Clinique de La Source

Die Intensivmedizinerin Carlotta Bagna übernimmt im Januar 2026 die Leitung der Privatklinik in Lausanne

image

Zürich: Verbände fordern Lohn-«Nachholrunde»

Die vier kantonalen Spitäler sollen ihren Rückstand mit dem Teuerungsausgleich 2026 wettmachen. Gefordert sind Lohnerhöhungen zwischen 1,8 und 2,4 Prozent.

image

So können Ärzte und Ärztinnen Medical Gaslighting verhindern

Medizinische Fachkräfte sollten sich immer wieder fragen: Nehme ich meine Patientinnen genug ernst? Sonst droht Medical Gaslighting.

image

Löhne: Gesundheitsbranche erwartet für 2026 nur ein kleines Plus

Die UBS prognostiziert einen durchschnittlichen Lohnanstieg von 1 Prozent. Damit dürfte das Gesundheitswesen im Mittelfeld liegen – nach einem ebenfalls verhaltenen Jahr 2025.

image

Der Mangel an selbständigen Ärzten wird sich nicht bessern

Eine Befragung – auch von Medizinstudenten – zeigt, dass ein unnötiger Flaschenhals bei der Organisation der Praktikumsplätze besteht.

image

Basel: Privatspitäler lösen ihren Verband auf

Die Basler Privatspitäler-Vereinigung wird liquidiert. Man wolle «den Austausch zukünftig offen und flexibel angehen», so die Erklärung.

Vom gleichen Autor

image

Knie- und Hüftimplantate: Immer weniger Folgeeingriffe nötig

Die 2-Jahres-Revisionsraten bei Hüft- und Knieprothesen sinken weiter leicht oder bleiben stabil. Die Daten deuten eine zunehmend einheitliche Versorgungsqualität in der Schweiz an.

image

Mehr Pflegepersonal = weniger Ärzte-Burnout

Eine grosse Erhebung in sieben Ländern zeigt: Dort, wo Pflege stark vertreten ist und Arbeitsumgebungen stimmen, bleiben Ärztinnen und Ärzte länger im Beruf.

image

Notfall: Warum die Bagatellgebühr verpufft – und was stattdessen nötig wäre

Kurz vor der Nationalratsdebatte warnen die Notfallmediziner vor den «Bagatellgebühr»-Ideen. Sie schlagen vier konkrete Alternativen vor.