Es war ein Paukenschlag – wenn auch regional begrenzt: In der vergangenen Woche
verkündete der Verband Zürcher Krankenhäuser, dass seine Mitglieder geschlossen auf temporäres Pflegefachpersonal verzichten wollen. Insgesamt 35 Institutionen – Akutspitäler, Reha- und Psychiatriekliniken, Pflegezentren – stehen hinter dem Entscheid.
Herr George, warum kommt das jetzt? Gab es in den letzten Monaten Entwicklungen, die das Engagement von Temporärpersonal in der Pflege verstärkt zum Problem werden liessen?
Schon seit geraumer Zeit hat sich abgezeichnet, dass die Abhängigkeit von temporärem Pflegepersonal sowohl die Kosten als auch die Stabilität der Teams innerhalb der Kliniken belastet. Temporärkräfte sind zwar kurzfristig eine Entlastung, aber sie erschweren die Kontinuität in der Betreuung und die Integration. Gerade wir als Privatspitäler legen enormen Wert auf eine persönliche, hochstehende Betreuung der Patientinnen und Patienten. Zudem haben viele Kliniken erkannt, dass nachhaltige Lösungen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen und Personalbindung notwendig sind, anstatt auf kurzfristige externe Lösungen zu setzen.
Glen George ist Präsident der Vereinigung Zürcher Privatkliniken ZUP. Als Generaldirektor Zürich von Swiss Medical Network leitet er die Privatklinik Bethanien.
Warum Zürich? Gibt es hier spezifische Entwicklungen, die das Thema drängender machen als in anderen Kantonen?
Der Fachkräftemangel in der Pflege betrifft die ganze Schweiz, doch im Kanton Zürich ist der Wettbewerb um qualifiziertes Personal besonders intensiv. Die hohe Dichte an Gesundheitsinstitutionen und der anhaltende Druck auf die Gesundheitskosten machten das Thema in Zürich besonders dringlich. Zudem gibt es hier bereits länger eine Diskussion über nachhaltige Personalstrategien, die langfristig stabile Teams sichern sollen. Nun folgt die finale Umsetzung dieser Überlegungen.
Mit Hirslanden, Swiss Medical Network oder Clienia sind wichtige Privatklinik-Gruppen an diesem Entscheid beteiligt. Kann man folgern, dass diese Unternehmen die Idee eines «Temporär-Stopps» bald in all ihren Kliniken einsetzen werden?
Sicherlich ist das Interesse an dieser Entwicklung in der gesamten Spitalbranche gross. Jedoch trifft jede Klinik und Klinikgruppe – ob Swiss Medical Network oder andere – ihre Personalentscheide individuell. Dabei spielen auch die jeweiligen Rahmenbedingungen der Standorte eine grosse Rolle. Es ist aber nicht auszuschliessen und aus meiner Sicht auch begrüssenswert, dass dieser Schritt langfristig flächendeckend umgesetzt wird – vor allem, wenn sich die Ergebnisse in den folgenden Monaten und Jahren zeigen werden.
Der Verband SBK befürchtet, dass es dann zur Arbeitsverdichtung für das angestellte Personal kommt. Steigt nun die Belastung für das festangestellte Personal?
Nein, unser klares Ziel ist es, dies zu vermeiden. Die Kliniken sind sich der Herausforderung bewusst und arbeiten an neuen Dienstplanmodellen, die eine faire Verteilung der Arbeitslast sicherstellen. Mit einer verlässlichen Personalplanung reduzieren wir die Belastung und schaffen langfristig attraktivere Arbeitsbedingungen. Unsere Pflegekräfte sollen von der Umstellung profitieren – und nicht noch mehr zusätzliche Arbeit erhalten.
Die Mitglieder des Verbands Zürcher Krankenhäuser wollen ab Sommer keine Temporärkräfte mehr engagieren. Gilt dieser Zeitrahmen auch für die Privatkliniken?
Ja, wie die Mitglieder des VZK werden die beteiligten privaten Vertragsspitäler den Wechsel auf eine ausschliessliche Festanstellung von Pflegekräften bis spätestens Sommer 2025 vollziehen.
Ein Pflegefachmann kommentierte den Entscheid auf LinkedIn mit dem Satz: «Das heisst, jetzt müssen die Arbeitgeber liefern und zeigen, dass sie auch aktiv was tun wollen und nicht nur auf dem Papier.» Wird der Wechsel begleitet von neuen Angeboten? Ja, der Abbau des Temporär-Anteils geht Hand in Hand mit Anpassungen in den Arbeitsmodellen. Viele Kliniken arbeiten an flexibleren Arbeitszeitmodellen, besseren Entwicklungsmöglichkeiten und einer verbesserten Planung für das Personal. Die Arbeitgeber sind sich bewusst, dass dieser Schritt nur erfolgreich sein kann, wenn er mit konkreten Massnahmen zur Attraktivitätssteigerung der Pflegeberufe einhergeht. Wir würden uns wünschen, damit auch kommende Generationen für einen Job in der Pflege zu begeistern.