Frühpensionierung? Nicht mit uns.

Mitten im Medizinermangel bietet eine grosse deutsche Erhebung ein überraschendes Bild: Nur sehr wenige Ärztinnen und Ärzte streben einen frühen Ruhestand an. Viele möchten bis in die späten Sechziger oder gar Siebziger tätig sein – mit Leidenschaft.

, 10. Oktober 2025 um 02:00
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Mehr als ein Beruf, Teil des Lebens   |  KI-Symbolbild: Medinside mit Midjourney
In all den Debatten über den Ärztemangel spielen zwei Faktoren eine zentrale Rolle:
  • Erstens die hohe Zahl der Ärztinnen und Ärzte, die nahe am Pensionsalter (oder sogar darüber hinaus) sind; so sind laut der jüngsten «Workforce»-Studie des Verbands Mfe bereits 13 Prozent der Haus- und Kinderärzte im Rentenalter.
  • Zweitens der hohe Anteil an Ärzten, die laut eigener Aussage mit dem Ausstieg liebäugeln; so bekundeten in einer neueren Umfrage der SGAIM fast ein Drittel, dass sie sich Alternativen zur klinischen Praxis überlegt hätten.
In diesem Umfeld setzt eine aktuelle Erhebung des «Medscape»-Dienstes jedoch ganz andere, positivere Akzente. Dabei wurden in Deutschland über 1000 Ärztinnen und Ärzte befragt – zum Thema, wie sie ihren Ruhestand planen und sehen. Die Antworten machen deutlich, dass die Idee der Frühpensionierung dieser Berufsgruppe ziemlich fremd ist: Nur 3 Prozent der Befragten liebäugeln mit einem Ausstieg in ihren Fünfzigern.
Auf der anderen Seite gibt mehr als ein Drittel an, ihre Karriere wohl in den späten Sechzigern beenden zu wollen (also über dem Rentenalter). Und solide 21 Prozent sagen sogar aus, dass sie bis in die Siebzigerjahre ihres Lebens arbeiten möchten.
Bei den Praxisärzten ist diese Quote mit 25 Prozent sogar noch leicht höher.
Natürlich erfasst die «Medscape»-Erhebung auch gewisse Kritikpunkte (die sich durchaus mit dem Tenor der erwähnten SGAIM-Umfrage ergänzen). Es gibt beispielsweise auch jene 25 Prozent, die einen Ausstieg Anfang der Sechziger oder früher anstreben; und in dieser Gruppe bekunden sehr viele – nämlich 56 Prozent –, dass sie von der ärztlichen Tätigkeit ausgebrannt sind.

«Meine Leidenschaft»

Auf der anderen Seite signalisiert jene Gruppe, die so spät wie möglich aufhören möchte, eine grosse Begeisterung für ihre Berufung. 59 Prozent erklärten ihren Wunsch damit, dass der Beruf ein Teil ihrer Identität ist, 42 Prozent sagten aus: «Medizin ist meine Leidenschaft».
Deutlich mehr als die Hälfte (58 Prozent) wandten sich denn auch gegen die Pauschalisierung, dass ein hohes Alter ein kritischer Faktor sei, um ärztlich tätig zu sein.
Allerdings wird die Erhebung da auch widersprüchlich: Eine Mehrheit stimmte nämlich zugleich der Aussage zu, dass man mit 75 Jahren zu alt sei, um weiter zu praktizieren.

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