Am Universitäts-Kinderspital beider Basel (UKBB) werden junge Patienten und deren Eltern von zwei Musiktherapeutinnen begleitet. Diese behandeln Frühchen bis zum Teenager mit diversen Krankheitsbildern und setzen dazu unterschiedliche Instrumente ein wie die Hang, die Klangwiege oder die E-Gitarre.
Die Therapie findet meistens direkt am Krankenbett statt, regelmässig auch als Gruppentherapie in einem Gemeinschaftsraum. «Die Musiktherapie ist aus dem UKBB nicht mehr wegzudenken», so das Spital, «sie dient der Förderung psychischer und körperlicher Gesundheit.»
Körper neu wahrnehmen
Auch am Kantonsspital Winterthur (KSW) betreuen zwei Kunsttherapeutinnen stationäre Langzeitpatienten. Ein 14-jähriger Patient mit chronischen Schmerzen zum Beispiel kann sich verbal kaum mitteilen. Trommeln hilft ihm, seiner inneren Stimme Ausdruck zu verleihen.
Auf den gleichen Effekt setzt ein Tanztherapie-Programm am Universitätsspital Genf (HUG), an dem übergewichtige Kinder mit ihren häufig auch übergewichtigen Eltern teilnehmen. Oftmals fehlen diesen Patienten die Worte, sich auszudrücken. Die gemeinsame Tanztherapie hilft, den eigenen Körper neu und positiv wahrzunehmen. Das Selbstwertgefühl wird gestärkt, die Kommunikation innerhalb der Familie verbessert.
Kreativität regt physische und psychische Funktionen an
Immer mehr Schweizer Spitäler setzen Therapien ein, bei denen Kreativität - also Musizieren, Malen, Modellieren, Tanzen - eine wichtige Rolle spielt. Die kreativen Prozesse regen physische, psychische und geistige Funktionen an und wirken ausgleichend.
Am Zentrum Paul Klee in Bern haben sich am 21. Juni 2018 rund 150 Fachleute zum Symposium mit dem Titel «Kreativität heilt» getroffen: Ärzte, Professoren und Therapeutinnen gaben Einblick in ihr breites Einsatzspektrum von Kunsttherapien, diskutierten über deren Entwicklung und Potenzial.
47'700 Therapiestunden finanziert
Anlass war das zehnjährige Jubiläum der Schweizer
Stiftung Art-Therapie, die Kunsttherapie für kranke Kinder im Spital unterstützt. Die Bilanz der zehnjährigen Tätigkeit und der Veranstaltung: Kreativität hilft heilen. «Die Veränderungen im Verhalten der Kinder nach einer Kunsttherapie-Sitzung beeindrucken mich immer wieder», sagt etwa Bernhard Frey, Abteilungsleiter Intensivmedizin und Neonatologie am Kinderspital Zürich.
Seit ihrer Gründung hat die von Stiftung 47'700 Therapiestunden für 20'000 Kinder in Schweizer Spitälern finanziert. Waren es vor zehn Jahren sechs Spitäler, die mit der Stiftung zusammenarbeiteten, sind es heute 12 - darunter alle Universitätsspitäler, die unabhängigen Kinderspitäler und führende Kantonsspitäler (siehe Box).
Spitäler übernehmen Finanzierung selbst
Nach einer Anstossfinanzierung hat zum Beispiel das Kantonsspital Baden «aufgrund der überzeugenden Resultate» mittlerweile die Finanzierung seines Musiktherapieprogramms selbst übernommen. Das Kantonsspital St. Gallen finanziert den grössten Teil der Musiktherapie in seiner Frauenklinik ab September 2018 fast vollständig aus eigenen Mitteln.
Diese Entwicklung ist laut Charlotte Leber, Gründerin und Vizepräsidentin von Art-Therapie, exemplarisch für die Arbeit der Stiftung: Sie sucht die Mittel für ein Pilotprojekt, das danach fest implementiert und zunehmend finanziell unabhängig wird. Auf diese Weise möchte die Stiftung weitere Partnerspitäler gewinnen.
Effekt lässt sich nachweisen
Dass Kreativität heilt, haben mittlerweile zahlreiche Studien gezeigt. Weitere Studien sollen Erkenntisse liefern. Eine zurzeit am Universitätsspital Zürich laufende Studie soll aufzeigen, wie Musiktherapie die Hirnentwicklung von zu früh geborenen Babys fördern kann.
Die erste multizentrische Studie in der Schweiz zur Wirkung von Kunsttherapie bei übergewichtigen Jugendlichen, die von der Stiftung Art-Therapie in drei Spitälern initiiert und begleitet wurde, hat gezeigt, dass die positive Wirkung noch nach Monaten anhält.
Diese Spitäler wenden Kunsttherapien an
- Kantonsspital Baden (KSB)
- Universitäts-Kinderspital beider Basel (UKBB)
- Universitätsspital Basel (USB)
- Universitätsspital Bern (Insel)
- Kantonsspital Graubünden (KSGR)
- Hôpitaux Universitaires de Genève (HUG)
- Centre Hospitalier Universitaire Vaudois (CHUV)
- Ospedale regionale du Lugano
- Ostschweizer Kinderspital
- Kantonsspital St. Gallen (KSSG)
- Kantonsspital Winterthur (KSW)
- Universitäts-Kinderspital Zürich (Kispi)