Pharmafirmen haben mit Krebsmedikamenten zehn Prozent mehr Umsatz gemacht

Mit Medikamenten gegen Krebs und gegen Multiple Sklerose haben die Pharmafirmen letztes Jahr das grösste Umsatzplus erreicht.

, 30. Januar 2019 um 13:12
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6 Milliarden Franken haben die Pharmafirmen letztes Jahr in der Schweiz eingenommen. Im Vergleich zum Vorjahr ist der Umsatz um gut 2 Prozent gestiegen. Diese neusten Zahlen veröffentlichte Interpharma, der Verband der forschenden pharmazeutischen Firmen der Schweiz.
Die Statistik zeigt: Es sind nicht wesentlich mehr, sondern vor allem teurere Medikamente verkauft worden. Denn die Zahl der verkauften Packungen – 187 Millionen Stück waren es – hat im Vergleich zum Vorjahr nicht einmal um 1 Prozent zugenommen.

Auch MS-Medikamente legten zu

Am meisten zusätzlichen Umsatz, nämlich 10 Prozent, haben die Pharmafirmen mit Krebsmedikamenten gemacht. Auch der Umsatz von Medikamenten gegen Autoimmunerkrankungen wie Multiple Sklerose ist mit 6 Prozent überdurchschnittlich gewachsen.
Bei den Krebsmedikamenten ist der Umsatz vor allem deswegen so stark gestiegen, weil neue Medikamente auf den Markt gekommen sind. «Neu» bedeutet jedoch im Fall von Medikamenten zur Krebsbekämpfung nicht zwingend «besser». Das hat eine europäische Studie belegt. Bei rund der Hälfte von allen überprüften Krebsmedikamenten gab es keine Indizien dafür, dass sie das Leben der Patienten verlängern oder deren Lebensqualität verbessern.

Swiss Medical Board überprüft Nutzen

Aufgrund dieser Studie hat das unabhängige Schweizer Fachgremium Swiss Medical Board vor einigen Monaten beschlossen, den Nutzen neu zugelassener Krebsmedikamente zu überprüfen. Erste Ergebnisse der Überprüfung werden Ende 2019 erwartet.
Angeheizt wurde die Diskussion um den Preis von Krebsmedikamenten kürzlich dadurch, dass Novartis die Zulassung für eine neue Zelltherapie gegen Blutkrebs erhalten hat. Die Firma will für diese Medikamenten-Behandlung 370'000 Franken verlangen. Auch wenn das Bundesamt für Gesundheit diesen Preis noch nicht bewilligt hat, ist bereits klar, dass es eines der teuersten Krebsmittel der Schweiz sein wird.

Interpharma will schnellere Krankenkassen-Vergütung

Lange Überprüfungen bei neuen Krebsmedikamenten sind der Interpharma jedoch ein Dorn im Auge. «Die wachsende Zahl an wirksameren und innovativen Therapien sind gute Neuigkeiten für Patientinnen und Patienten», sagt René Buholzer, Geschäftsführer von Interpharma.
Er beklagt aber, dass es zu lange gehe, bis Medikamente, die von Swissmedic zugelassen worden sind, von den Krankenkassen bezahlt werden müssen. «Patienten können so nur verzögert von hochwirksamen innovativen Medikamenten profitieren», kritisiert er.
Seit 2013 hat das Bundesamt für Gesundheit (BAG) die Vorgabe, in der Regel innert 60 Tagen darüber zu entscheiden, ob die Krankenkassen-Grundversicherer ein neues Medikament vergüten müssen oder nicht.

Generika überholen patentabgelaufene Originale

Auch der Generika-Markt ist letztes Jahr gewachsen: Es wurden gut 7 Prozent mehr Packungen verkauft. Es sind nun erstmals mehr Generika als patentabgelaufenen Originale verkauft worden. Der Umsatz mit Generika betrug letztes Jahr gut 700 Millionen Franken, das sind 14 Prozent aller kassenpflichtigen Medikamente.
Am einträglichsten für die Pharmafirmen sind nach wie vor die patentgeschützten Medikamente: Damit machten sie die Hälfte ihres Umsatzes, obwohl letztes Jahr drei Viertel aller verkauften Medikamentenpackungen nicht mehr patentgeschützt sind.
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