Das Entsetzen über das überrissene Gehalt von 19,2 Millionen Franken für den Novartis-Chef war kaum abgeklungen, da forderte eben dieser an der Bilanzmedienkonferenz Ende April höhere Medikamentenpreise – auch in der Schweiz.
Dass diese Forderung nicht nur bei Linken schlecht ankommt, liegt auf der Hand. Doch es war die SP-Ständerätin Flavia Wasserfallen, die nicht nur mit scharfer Kritik, sondern auch mit einem
gezielten parlamentarischen Vorstoss darauf reagierte.
«Der Bundesrat wird aufgefordert, auf Erhöhungen der Medikamentenpreise im Rahmen des US-Zollstreits zu verzichten und das Kostendämpfungspaket II vollständig und ohne Verzögerung umzusetzen», schreibt die Bernerin in ihrer Motion. Eingereicht hat sie die Motion in der zurückliegenden Herbstsession. Am Montag, 8. Dezember, soll sie im Ständerat behandelt werden.
Der Bundesrat gibt Entwarnung: In seiner Stellungnahme zur Motion Wasserfallen versichert er, keine Preiserhöhungen bei Arzneimitteln der Spezialitätenliste zu planen. Ebenso sei er bestrebt, die vom Parlament mit dem Kostendämpfungspaket beschlossenen Massnahmen zeitnah umzusetzen.
Zeitgleich zur Stellungnahme eröffnete der Bundesrat für 4 der 16 Massnahmen das Vernehmlassungsverfahren zur Änderung der Verordnung über die Krankenversicherung (KVV).
Medinside berichtete hier darüber . Das Kostenfolgemodell
Beim Kostenfolgemodell handelt es sich gewissermassen um einen Mengenrabatt: Überschreitet ein Medikament eine bestimmte Umsatzschwelle, kann die Zulassungsinhaberin verpflichtet werden, einen kleinen Teil des jährlichen Umsatzes zugunsten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) zurückzuerstatten.
Schätzungen zufolge könnten damit nach einer zweijährigen Übergangsfrist jährlich 350 bis 400 Millionen Franken eingespart werden.
Wie das Bundesamt für Gesundheit (BAG) auf Anfrage erklärt, ist die Umsetzung der Kostenfolgemodelle so konzipiert, dass eine Übergangsfrist von zwei Jahren gilt, bis die Massnahmen ab 2029 greifen.
Analysen zeigten, dass nur ein kleiner Teil der US-Medikamentenumsätze im Medicaid Bereich anfallen und die Pharmaunternehmen bei Medicaid dem Vernehmen nach bereits hohe Rabatte auf die Listenpreise gewähren.
Nicht enthalten ist jedoch das umstrittene Kostenfolgemodell. Für Wasserfallen gehört es zu den wichtigsten Massnahmen: «Just diese Massnahme zu verzögern oder gar zu sistieren, wie es etwa Interpharma fordert, wäre undemokratisch und eine Missachtung des klar geäusserten Willens der Parlamentsmehrheit», schreibt sie in ihrer Begründung zur Motion.
Tatsächlich fordert Interpharma eine Verschiebung oder Sistierung des Kostenfolgemodells. So reagierte der Verband der forschenden Pharmaunternehmen mit
scharfer Kritik auf die Mitteilung des Bundesrats. Dieser habe es verpasst, auf Massnahmen zu verzichten, die den Pharmastandort Schweiz schwächten. Konkret hätte er beim Kostenfolgemodell ansetzen müssen.
Und weiter heisst es: «Es spricht Bände, dass sich ausgerechnet das Gesundheitsdepartement lieber mit Werbeeinschränkungen im Lebensmittelgesetz auseinandersetzt, statt sich ernsthaft um einen verbesserten Zugang der Patientinnen und Patienten zu lebensrettenden Therapien zu bemühen.»
Ob diese Kritik auch berechtigt ist? Die Forderung von Interpharma und die aktuelle Situation der Pharmaindustrie in den USA sind dem BAG bewusst, schreibt dessen Medienstelle. «Wir sind diesbezüglich im ständigen Austausch mit Interpharma.» Der Bundesrat nehme die Situation der Pharmaindustrie aufgrund potenzieller Preissenkungen und Zölle in den USA ernst. Gespräche dazu inklusive zu allenfalls erforderlichen Massnahmen liefen und würden intensiviert, erklärt das BAG wörtlich.
Derweil FDP-Ständerat Damian Müller die Meinung vertritt, man müsste die Rahmenbedingungen verbessern, statt den Blick einseitig auf die Kosten zu richten. Das schreibt er im Newsletter als Präsident vom Forum Gesundheit Schweiz.
Der Anstieg der Gesundheitsausgaben sei nicht in erster Linie auf steigende Preise zurückzuführen, sondern auf die wachsende Zahl erbrachter Leistungen. «Der Landesindex der Konsumentenpreise zeigt klar: Die Preise für Gesundheitsgüter sind in den letzten zehn Jahren gesunken.»