Medi online: So umständlich geht’s

Die KPT hat einen legalen Weg gefunden, wie ihre Kunden rezeptfreie Medis online bestellen können. Medinside hat getestet, ob und wie das funktioniert.

, 4. Juni 2020 um 07:35
image
  • medikamente
  • apotheken
  • zur rose
  • kpt
Apotheken und Drogerien haben während der Corona-Krise die Erlaubnis erhalten, rezeptfreie Arzneimittel nach telefonischer Fachberatung auch Menschen nach Hause zu liefern, die nicht zu ihrer Stammkundschaft gehören. Dies teilt Pharmasuisse am Donnerstag mit.

Zur Rose erhielt eine Absage

Die Meldung erstaunt. Die Versandapotheke Zur Rose hat den Bundesrat schon vor Wochen um eine befristete Sondererlaubnis gebeten, während der Corona-Krise rezeptfreie Medikamente  verschicken zu dürfen. Der Bundesrat lehnte das Ansinnen ab. So erklärte dann die KPT am 22. Mai in einem Communiqué, mit den Partnern Medi24 und der Versandapotheke Zur Rose eine «innovative Lösung» gefunden zu haben, um einen neuen Onlineservice für rezeptfreie Arzneimittel,  so genannte OTC-Produkte, zu ermöglichen.
«Das Verbot vom OTC-Medikamentenhandel im Internet ist weder zeitgemäss noch konsumentenfreundlich», so der Krankenversicherer. «KPT-Kunden können aus dem Homeoffice oder aus der Quarantäne rezeptfreie Medikamente ganz einfach online bestellen.»

So funktioniert die Onlinebestellung von OTC-Medis

Medinside macht die Probe aufs Exempel, zumal der Autor dieser Zeilen selber bei der KPT versichert ist.
So gings: Da eh der Arzttermin für einen Routine-Checkup anzumelden ist, gleich die Frage an die KPT-Mitarbeiterin, wie man vorzugehen habe, um sich das rezeptfreie Telfastin nach Hause schicken zu lassen.
Die Frau scheint auf Anhieb nicht zu verstehen, worum es geht und meint dann nach einigem Zögern: «Ja, Sie müssen online ein Formular ausfüllen.»
Kein Problem, sagt sich der Heuschnupfen geplagte Patient. Doch wo um Himmels Willen findet man das Onlineformular? Man loggt sich bei der KPT ein – kein Erfolg. Man sucht auf kpt.ch – wieder nichts. Kein Wunder, Silver Surfer haben nun mal andere Begabungen als sich im weltweiten Netz zurecht zu finden.
Also nochmals ein Telefonat zum Krankenversicherer. Diesmal aber nicht, um einen Arzttermin anzumelden, sondern um ein medizinisches Problem zu erörtern – eben die verfluchten Gräserpollen. Die Frau erklärt, wo auf der Website von medi24.ch das Formular zu finden sei. Bingo, geschafft. 

Ein Rezept für rezeptfreie Medis

Ein paar Stunden später der Anruf einer Ärztin: Sie stellt Fragen zur Gesundheit, denn sie muss offiziell ein Rezept erstellen, damit die Onlinebestellung rechtens ist. Nach etwa einer Stunde nochmals die Ärztin, sie müsse noch Grösse und Gewicht nachfragen – und entschuldigt sich für die Störung.
Flugs geht’s mit brennenden Augen und einem Kratzen im Rachen in die Apotheke, da für Pfingsten Pollenflüge angesagt sind. Die 10er-Packung Telfastin kostet Fr.12.35.
Tags darauf wieder ein Anruf, diesmal von einem Mann. Es gebe bei Telfastin nur 10er-Packungen. Ob er drei Packungen schicken soll. «Nein, eine Packung ist vorläufig okay.»
Zurück vom ausgedehnten Pfingstwochenende ist die Packung Telvastin Allergo tatsächlich im Briefkasten zu finden. Beigelegt ein Begleitschein für die nächste Bestellung. Gesamtpreis Fr. 12.35; Rabatt 3,50 Prozent; Endpreis Fr. 11.92.

Online bis zu 40 Prozent günstiger

«Der Online-Medikamentenservice ist im Zuge der Corona-Krise entstanden», erklärt der KPT-Sprecher. Ein weiterer Vorteil liege im Preis: Bei Zur Rose seien die nicht rezeptpflichtigen Medikamente bis zu 40 Prozent günstiger als in der klassischen Apotheke – was zumindest beim vorliegenden Test nicht zutrifft.
Doch bald könnte der Onlinehandel von OTC-Produkten vereinfacht werden. In Bundesbern wird laut darüber nachgedacht, den Onlinehandel auch für rezeptfreie Arzneimittel zu öffnen  - und dies nicht nur während Epidemien. 
Und was die KPT betrifft, so hat der Krankenversicherer mittlerweile seine Website umgestaltet: Gibt man kpt.ch ein, erscheint gleich in grossen Lettern: «Online Medikamentenservice». 
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Neues Gesetz für Transparenz im Gesundheitswesen

Die Gesundheitskommission des Nationalrats will, dass Ärztinnen, Spitäler und Apotheken ihre Verbindungen mit Pharma-Herstellern offenlegen. Rund 25'000 Institutionen wären betroffen. Jetzt läuft die Vernehmlassung.

image

BAG: Whistleblowing-Plattform soll Missstände aufdecken

Integrität, Transparenz, Weitergabe von Vorteilen: Das Bundesamt für Gesundheit betreibt neu eine Whistleblowing-Plattform, um Verstösse zu melden.

image

Hoher Blutdruck? Setzt auf die Apotheker!

Eine Metastudie ging der Frage nach, welche medizinischen Fachleute die nachhaltigste Verbesserung bei Hypertonie-Patienten erreichen.

image

Das werden die 10 Umsatz-Hits bei den Medikamenten

Krebsmedikamente werden auch dieses Jahr die Umsatz-Statistik anführen. Das prognostiziert die Plattform Statista.

image

Ärzte bei Pregabalin-Abgabe in der Zwickmühle

In Gefängnissen und Asylzentren gibt es immer mehr Missbrauch des Medikaments Pregabalin. Ärzte stehen vor einem Dilemma.

image

Medikamentenpreise sind gesunken – angeblich

Mieten und Strom sind in der Schweiz teurer geworden. Doch Medikamente sind billiger als vor Jahresfrist. Kann das stimmen?

Vom gleichen Autor

image

«Hospital at Home ist Medizin im Team»

Die Spitex will beim Konzept Hospital@Home von Beginn weg eine zentrale Rolle spielen. Das ist aber nicht überall der Fall.

image

Palliative Care: «Wir brauchen nicht mehr Betten in Spitälern, aber in Hospizen»

Renate Gurtner Vontobel, die ehemalige Geschäftsführerin von Palliative.ch, blickt auf ihre fünfeinhalbjährige Amtszeit zurück.

image

«Kritiker der Komplementärmedizin haben eine zu einseitige Sicht»

SP-Ständerätin Franziska Roth kritisiert im Interview die Haltung von Gegnern der Komplementärmedizin. Sie verkennen den Wert der ärztlichen Expertise.