Killerpilz hat die Deutschschweizer Spitäler erreicht

Der multiresistente Pilz Candida auris trat auch in einem Unispital auf. Der Swissnoso-Präsident schlägt Alarm.

, 27. Mai 2019 um 07:02
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Bisher waren es vor allem multiresistente Bakterien, welche den Spitalhygienikern den Schweiss auf die Stirn trieben und für verschärfte Hygienevorschriften sorgte. Seit einigen Jahren sorgt jedoch ein neuartiger, multiresistenter Hefepilz für ähnliche Effekte. Der gegen die meisten Antimykotika resistente Candida Auris führt bei geschwächten Patienten in vielen Fällen zum Tod. 2017 wurde er in einem Genfer Spital erstmals in der Schweiz registriert.
Wie die «NZZ am Sonntag» berichtet, trat der Pilz inzwischen auch in zwei Spitälern in der Deutschschweiz auf. Der Eine 2018 am Universitätsspital Zürich. Es sei ein Fall von Candida auris aufgetreten, wird Hugo Sax, Leiter der Spitalhygiene, im Artikel zitiert. Beim Eintritt sei der Pilz nicht bemerkt worden. Doch da der Patient aus einem ausländischen Spital verlegt worden sei, sei er trotzdem standardmässig isoliert worden. Im Zug von weiteren Untersuchungen habe man den Pilz bemerkt. Es sei aber weder zu Infektionen noch zu Übertragungen gekommen, so Sax. Die betroffene Person hat überlebte.
Vor wenigen Monaten konnte gemäss der NZZaS auch in einem «kleineren Spital in der Ostschweiz» der Pilz nachgewiesen werden. Dies Andreas Widmer, Präsident von Swissnoso, der NZZ. Ein Patient habe eine Infektion erlitten. Im Anschluss erst sei Candida auris als Ursache erkannt worden. Doch glücklicherweise sei der Pilz auch in diesem Fall nicht verschleppt werden. Den Namen des Spitals publizierte die NZZ nicht.
Gefährlicher Pilz
Candida auris ist eine Hefepilz. Sie wurde erstmals 2009 beschrieben. Sie ist eine der wenigen Arten der Gattung Candida, die beim Menschen Candidose verursacht. Häufig wird der Pilz in Krankenhäusern von Patienten mit geschwächtem Immunsystem erworben. Candida auris kann zu invasiver Fungämie führen, bei der die Blutbahn, das zentrale Nervensystem und die inneren Organe infiziert sind. 
Die Behandlung ist auch deshalb kompliziert, weil der Pilz gegen die meisten Fungizide resistent ist. Zudem kann er leicht mit andere Candida-Arten verwechselt werden. Candida auris wurde 2009 erstmals beschrieben. Dies am Tokyo Metropolitan Geriatric Hospital in Japan. Er hatte den Gehörgang einer 70-jährigen Japanerin befallen. Im Jahr 2011 kam es in Südkorea zu den ersten Fällen, welche schwere Krankheiten und Todesfälle verursachten. Berichten zufolge breitete sich der Erreger über Asien und Europa aus. 2015 kam es an einem Londoner Spital zu über 50 Infektionen.
Die DNA-Analyse von vier verschiedenen, allesamt medikamentenresistenten Stämmen von Candida auris deutet auf eine evolutionäre Divergenz hin, die vor mindestens 4.000 Jahren stattgefunden hat. Doch weshalb wurden alle vier Stämme Tausende Jahre später fast gleichzeitig multiresistent? Eine Theorie geht davon aus, dass dies - ähnlich wie bei Antibiotika - dem weit verbreiteten Einsatz von Antimykotika in der Landwirtschaft geschuldet ist.
Zehn Jahren nach seinem erstmaligen Auftreten ist der Pilz bereits in 30 Ländern auf allen Kontinenten nachgewiesen worden.
Mit Material von Wiki.
Swissnoso-Präsident Widmer ist auch Spitalhygieniker am Unispital Basel (USB). Er ist einer der grössten Warner vor dem neuen Pilz. In der NZZaS wird er wie folgt zitiert: «Candida auris hat gezeigt, dass er fähig ist, in Spitälern grosse Ausbrüche zu verursachen. Er ist enorm gut darin, sich zu verbreiten, und zwar in Umgebungen, die normalerweise kein Pilz mag. Überall klebt er, man wird ihn fast nicht mehr los. Befällt er eine Person, löst​er in 30 bis 50 Prozent der Fälle eine Infektion aus, die dann wiederum in 30 bis 60 Prozent der Fälle zum Tod führt. Zudem bleiben bei Candida auris die meisten Antipilzmittel wirkungslos
Widmer fordert, den Kampf gegen den Pilz aufzunehmen. Wenn man zuwarte, bis er sich ausgebreitet habe, sei es zu spät. Doch er zweifle, ob die Behörden reagierten. Widmer schätzt, dass ein Landesweites Screening rund 250'000 Franken pro Jahr kosten würde. In der unter starken Spardruck stehenden Branche könnte dies bereits zu viel sein, fürchtet der Leiter der Basler Spitalhygiene.
Macht Ihnen der neue Pilz Angst? Sollten die Behörden aktiv werden? Schreiben Sie uns in die Kommentarspalte?
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