Insel: Chefarzt Stüber verursachte einen Millionenschaden

Das Inselspital hat eine Rachekündigung veranlasst, ohne den Verursacher auch nur im geringsten zu behelligen. Das sagt Rolf P. Steinegger, Anwalt der geschassten Oberärztin Natalie Urwyler.

, 14. November 2018 um 21:13
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Herr Steinegger, wie geht es weiter mit Natalie Urwyler? Die Kündigung war bekanntlich nicht rechtens; es war eine Rachekündigung, also müsste doch die Oberärztin im Inselspital wieder angestellt werden?

Das ist völlig klar: Natalie Urwyler ist im Inselspital angestellt. Man hat die Kündigung aufgehoben und Frau Urwyler wieder in den früheren Stand versetzt.

Moment, sie arbeitet doch jetzt im Kantonsspital im Wallis?

Ja, das Inselspital hat sie mit sofortiger Wirkung freigestellt.

Das würde ja heissen, dass die Oberärztin vom Inselspital immer noch Lohn bezieht.

Das ist so: mindestens 13'000 Franken pro Monat. Das ist der Lohn, den Frau Urwyler 2013 am Inselspital verdient hat, abzüglich die Arbeitslosengelder und den seit ihrer Kündigung erzielten Lohn im Wallis. Wobei sie im Wallis nur ein Teilpensum von 80 Prozent hat.

Und wie lange wird sie diesen Lohn noch erhalten?

Bis man ihr erneut kündigen wird, wie es das Inselspital in Aussicht stellte. Dazu braucht es aber sachliche Gründe. Solche gibt es bei Frau Urwyler nicht. Sie ist seit 2013 gar nicht mehr am Inselspital tätig.

Korrigieren Sie mich: Natalie Urwyler war oder ist nach OR angestellt. Danach kann Arbeitnehmern grundlos gekündigt werden.

Ja, in der Schweiz können Angestellte grundlos gekündigt werden. Doch im vorliegenden Fall hätten wir erneut eine diskriminierende beziehungsweise eine rechtsmissbräuchliche Kündigung. Eine missbräuchliche Kündigung berechtigt zu Strafzahlungen bis maximal sechs Monatslöhnen.

Habe ich Sie richtig verstanden: Das Inselspital hat die Kündigung noch nicht ausgesprochen und hat monatlich 13'000 Franken an Frau Urwyler zu zahlen, obschon sie seit 2013 nicht mehr im Inselspital tätig ist?

Das haben Sie richtig verstanden. Das Inselspital hat eine Rachekündigung veranlasst, die einen vorläufigen Schaden von einer Million Franken produzierte, ohne den Verursacher dieser Rachekündigung auch nur im geringsten zu behelligen.

Sie sprechen vom deutschstämmigen Klinikdirektor Frank Stüber.

Richtig. Er ist der Verursacher dieser üblen Sache. Man muss sich das mal vorstellen. Wer in der Privatwirtschaft einen Millionenschaden verursacht hat, müsste noch am gleichen Tag das Büro räumen. Doch im Inselspital kann man sich das offenbar leisten. Frank Stüber ist von der Universität angestellt. Sie müsste den Vertrag mit ihm auflösen.

Und? Wird sie es tun?

Wo denken Sie hin. Wir haben doch lesen können, dass die Chefärzte im Durchschnitt eine Million Franken verdienen im Jahr. Die Gesundheitsdirektorenkonferenz GDK sagte danach, die Kantone müssten jetzt über die Bücher. Doch welcher Kanton ist als erster vorgeprescht und posaunte, man wolle die Löhne nicht deckeln, das würde den Wettbewerb behindern?

Der Kanton Bern.

Eben. Die Führung im Inselspital hätte doch jetzt aus dem Fall Urwyler die Lehren ziehen müssen. Sie hätte sich doch sagen können: Dumm gelaufen. Jetzt müssen wir die Strukturen ändern, damit die Frauen nicht systematisch diskriminiert werden. Doch nichts passiert. Das ist die Unkultur, die sich an den Unispitälern der Schweiz mit einem Ärzteanteil von 30 Prozent Deutschen etabliert hat.

Chefarzt Stüber entscheidet allein über die Poolgelder

Wie Medinside am Wochenende berichtete, geht es im Rechtsstreit zwischen Oberärztin Natalie Urwyler und dem Inselspital nicht nur um Gleichstellung und Lohndiskriminierung. Es ging auch um die Transparenz der umstrittenen Poolgelder. Dieser Punkt ist beim Gericht noch hängig.
Gemäss einem Reglement des Inselspitals befinden Chefarzt, leitender Arzt und Vertragsärzte im Konsens über die Verteilung der Poolgelder, die bei einer stationären Behandlung von Privatpatienten erwirtschaftet werden. Doch nach Auskunft des Inselspitals kann der Konsens auch darin bestehen, dass die Vertragsärzte die Kompetenz delegierten. 
So geschehen an der Klinik für Anästhesiologie und Schmerztherapie (KAS) unter Chefarzt Frank Stüber. Er hat seine Vertragsärzte je einen Zusatzvertrag unterschreiben lassen, laut dem diese ihm das Entscheidungsrecht über die Poolgelder abtreten.
Was passierte, wenn man den Vertrag nicht unterschrieb? Man frage Natalie Urwyler. 
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