Francesco Maisano verlässt das Unispital

Die unrühmliche «Whistleblower-Affäre» am Zürcher Unispital nimmt für den Herzchirurgen Francesco Maisano kein gutes Ende. Und wohl auch nicht für den Whistleblower.

, 3. September 2020 um 08:14
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Nun ist es definitiv: Francesco Maisano, der beurlaubte und inzwischen auch abgesetzte Klinikdirektor der Herzchirurgie am Zürcher Unispital (USZ), kehrt nicht mehr ans Unispital zurück. Das USZ und Maisano konnten eine «einvernehmliche Lösung» finden. Dies teilt das Unispital Zürich am Donnerstag mit und schreibt von einem «Neustart». Maisano verlässt das Unispital Ende Februar 2021.
Paul Vogt, der interimistische Leiter, übernimmt damit definitiv die Leitung der Klinik für Herzchirurgie, gemeinsam mit Peter Matt als sein Stellvertreter. Es dürfte das Ende eines grossen fachlichen und auch zwischenmenschlichen Konflikts in der Zürcher Herzchirurgie sein. Mit diesem Schritt scheint die ebenfalls in die Kritik geratene Spitalleitung auf den lang ersehnten Befreiungsschlag zu setzen. 

Weg mit dem Whistleblower müsse sich trennen

Maisano steht seit Anfang Mai stark unter medialem Beschuss: Ihm wurde unter anderem vorgeworfen, von ihm mitentwickelte Implantate aus Eigeninteresse eingesetzt zu haben und Interessenkonflikte nicht gemeldet zu haben. Von den wesentlichen Vorwürfen wurde er allerdings bereits im ersten Zwischenbericht der Anwälte von Walder Wyss entlastet. Die Universität Zürich (UZH) untersucht derzeit, ob es zu wissenschaftlichen Ungenauigkeiten gekommen ist. Maisano hat stets seine Unschuld beteuert. Das USZ hat sich als Arbeitgeber allerdings nie öffentlich hinter Maisano gestellt.
Ein Schlussbericht liege heute noch nicht vor, heisst es weiter. Die noch nicht entkräfteten Vorwürfe gegen Maisano werden laut Unispital im Rahmen einer externen Untersuchung noch im Detail abgeklärt. Die ganze Angelegenheit hatte ein Whistleblower Ende 2019 ins Rollen gebracht. Sein Motiv ist nach wie vor unklar. Der Herzchirurg und Leitende Arzt aus Maisanos Team wurde entlassen und später dann wieder eingestellt. Der Hinweisgeber und Gegenspieler von Maisano muss das Unispital wohl nun aber erneut verlassen.

«Nur so kann die nötige Ruhe wieder einkehren»

Das Unispital schreibt: «Die Gegenwart respektive erwartete Rückkehr der Exponenten dieses Konflikts haben in den vergangenen Wochen zu einer Spaltung des Teams geführt». Dieser Zustand sei nicht länger tragbar. Die Leitung habe daher entschieden, «dass sich die Wege nun trennen müssen.» Und weiter: «Nur so kann die nötige Ruhe wieder einkehren.» Mit der Trennung von beiden am Konflikt beteiligten Personen schaffen wir die Voraussetzung für einen Neustart, wie USZ-Direktor Gregor Zünd am Donnerstag vor den Medien sagte. 
Mit dem Leitenden Arzt konnte bislang allerdings keine einvernehmliche Lösung gefunden werden. Dies ist laut Unispital bisher nicht gelungen. Deshalb sei die «Art der Trennung zurzeit offen». 
Klar ist: Der Fall dürfte dem Zürcher Unispital, der prestigeträchtigen Herzchirurgie und auch dem Forschungsstandort Schweiz geschadet haben. Vor allem aber auch den Patienten. Wieder einen guten Chefarzt zu finden, als Ersatz für Francesco Maisano, wird sehr schwierig, sagen Insider. Das Unispital, das die Ärzte-Ausbildung und Forschung für die Zukunft mache, werde «für Jahre» leiden. Maisano gehört zu den Weltbesten seines Fachs. Die mediale und vorwiegend einseitige Berichterstattung hat auch seinem Ruf stark geschadet. 

Unispital bedauert «Medienkampagne gegen Maisano»

Das USZ bedauert denn auch «die gegen ihn gerichtete Medienkampagne». Der Spitalrat und die Spitaldirektion danken Francesco Maisano in der Mitteilung für die Zusammenarbeit und wünschen ihm für seine berufliche wie private Zukunft alles Gute. Eine einvernehmliche Trennung sei angesichts der «andauernd belastenden Situation für beide Seiten die beste Lösung», heisst es. Versöhnliche Worte nach einem grossen Streit. 
Mit Maisano verfügte das USZ laut Mitteilung über einen hervorragenden, international anerkannten Chirurgen und eine innovative Persönlichkeit. Er verkörpere «international die neue Ära der modernen Herzchirurgie» und habe die Entwicklung minimal-invasiver Interventionen aktiv und in wesentlichen Bereichen voran getrieben, hält das Unispital fest. Und auch die akademische und medizinische Ausrichtung der Klinik habe er entscheidend weiterentwickelt, würdigt ihn das Spital weiter.
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