Genolier-Verwaltungsrat Antoine Hubert nimmt Stellung zu den kürzlich erhobenen Vorwürfen gegen
Genolier Swiss Medical Network. Danach verlangt Genolier von Lieferanten überhöhte Rechnungen und verbucht erzielte Rabatte als Sponsorenbeiträge. In der Zeitschrift
Bilan sagt Hubert nun, es gehöre zu den natürlichen Geschäftspraktiken, Lieferanten unter Druck zu setzen, um so die besten Preise zu erhalten.
Wie das Rabattsystem nach Art von Genolier funktioniert, erklärt Hubert so: Ein in Deutschland hergestelltes Spitalbett koste in Frankreich halb so viel wie in der Schweiz. Da Genolier eine Klink in Frankreich habe, erfrage man Offerten in Frankreich und fordere dann den Schweizer Anbieter heraus. Dadurch gewähre dieser in der Regel Rabatte.
Wenn Güter direkt aus dem Ausland importiert würden, sei Genolier auf Mengenrabatte aus. Diese seien legal und müssten laut einem Bundesgerichtsurteil aus dem Jahr 2012 nicht in Form von tiefere Preisen weitergegeben werden. Der Vorwurf stand im Raum, dass Genolier die Rabatte nicht direkt den Patienten- und Prämienzahlern zukommen lasse.
«Ärzte sind frei»
Hubert nimmt das Unternehmen selbst aus der Verantwortung, indem er auf die Unabhängigkeit der Ärzte verweist. Er könne die Ärzte nicht zwingen, bestimmte Lieferanten zu wählen. «Die Ärzte stehen nicht in einem Angestelltenverhältnis zu uns. Es steht jedem frei, mit diesem oder jenem Lieferant zusammenzuarbeiten», so Hubert.
Für ihn ist dies der Erfolgsfaktor schlechthin: «Wenn sie die Ärzte anstellen, begrenzen sie nicht nur seine Einnahmen, sie machen sie zu Funktionären. Dies ist der Grund, warum die Mehrheit der Operationssäle in den öffentlichen Spitälern abends geschlossen werden». Als das Hôpital de la Providence in Neuchâtel übernommen wurde, habe man als eine der ersten Massnahmen das medizinische Korps entlassen - mit dem Ziel, ihm mehr Bewegungsfreiheit und mehr Verantwortung zu gegeben.
Neue Aevis Victoria gegründet
Genolier Swiss Medical Network ist die zweitgrösste Spitalkette der Schweiz und ist Teil der börsenkotierten
Aevis Victoria. Zum Unternehmen gehören 15 Privatspitäler mit 2'750 Mitarbeitenden. In Interlaken fanden am 29. Juni 2015 die Generalversammlungen der Aevis Holding und der Victoria-Jungfrau Collection statt, die zur Gründung der fusionierten Gesellschaft
Aevis Victoria führte. Der Verwaltungsrat besteht aus Christian Wenger, Raymond Loretan, Antoine Hubert, Michel Reybier, Antoine Kohler und Cédric George. Antoine Hubert ist bei Aevis Victoria Delegierter des Verwaltungsrats und Mitglied des Strategie- und Investmentausschusses.