Kurz vor Weihnachten kam die frohe Botschaft: Die Ärztegesellschaft FMH und der neue Krankenversicherer-Verband Prio.Swiss
verkündeten eine Einigung beim drängenden Problem der Notfall-Entschädigungen. Die Hauptpunkte:
- Auch Ärzte, die als Angestellte arbeiten, sollen künftig Notfall-Pauschalen abrechnen können.
- Die Krankenkassen konzentrieren sich mit ihren Rückforderungen und Rückfragen auf Betriebe, bei denen der Verdacht besteht, dass die Verrechnung von Inkonvenienzpauschalen Teil eines Geschäftsmodell ist.
- Prio.Swiss, die FMH und der Haus- und Kinderärzte-Verband Mfe bilden eine Arbeitsgruppe, die eine Lösung für die Notfall-Inkonvenienzpauschalen im Tardoc erarbeiten soll – eine Lösung, die es auch angestellten Ärztinnen und Ärzten ermöglicht, ihre Notfall-Leistungen angemessen zu verrechnen.
Es betont den «konstruktiven Dialog», bei dem man Punkte der Übereinstimmung gefunden habe. Allerdings stellt es auch fest, dass es letztlich bei den einzelnen Krankenkassen liegt, ob sie Rückerstattungen verlangen wollen («En principe, le contrôle et la mise en œuvre des demandes de remboursement en cas 'application incorrecte du tarif relèvent de la compétence des différents assureurs-maladie.»)
Notfallplan
Die Vereinbarung wurde nötig nach zwei Urteilen des Bundesgerichts vom Juni 2024 (
9C_33/2024 und
9C_664/2023): Da setzte das Gericht unerwartete Bremsen bei der Ausschüttung von Inkonvenienz-Pauschalen. In der Folge standen Praxen vor dem Problem, dass sie die Abend- und Wochenend-Arbeit von angestellten Medizinern nicht mehr speziell verrechnen durften. Und vor allem begannen die Krankenkassen, Rückforderungen zu stellen – weil ja offenbar seit Jahren falsch abgerechnet worden sei.
Was drohte, war eine Pleitewelle im Praxisbereich. Und so sollte das Abkommen vom Dezember einen neuen Rahmen schaffen für die Notfall-Entschädigung – als vorübergehende Lösung bis zur Einführung des neuen Tarifsystems 2026.
Deutlich wird im Text, dass die Prio.Swiss-Kassen gezielt auf das Abend-Permanence-Geschäft abzielen: Man überprüfe derzeit nur Fälle, wo das Geschäftsmodell offensichtlich auf Inkonvenienz-Entschädigungen aufgebaut sei – also Unternehmen, die solche Sätze mit bemerkenswerter Häufigkeit verrechnen. («Les assureurs-maladie n'examinent actuellement que les demandes de remboursement auprès des fournisseurs de prestations qui ont vraisemblablement fondé leur modèle commercial sur la facturation de forfaits d'inconvénients en violation du contrat. En d'autres termes, ceux qui ont facturé des indemnités d'inconvénient à une fréquence remarquable (fonctionnement en flux continu).)
Ein Beispiel
Allerdings: Was dies bedeutet, liess soeben wieder
ein Fall aus dem Kanton Zug ahnen: Dort ist die Notfallpraxis der kantonalen Ärztegesellschaft mit solchen Rückforderungen der Krankenkassen konfrontiert. Zwar handelt es sich dabei nicht um ein Unternehmen; und es geht auch nicht um angestellte Ärzte – doch es ist ein Angebot, das zwangsläufig in einer «fréquence remarquable» zu höheren Tarmed-Sätzen führt.
Mit der Folge, dass nun der Staat einspringen muss, um die Notfallpraxis zu stützen: Für die nächsten Jahre sollen die Ärzte nun jeweils 600'000 Franken aus der Kantonskasse erhalten.