Idee: Eine «fünfte Säule» für die Langzeit-Pflege

Die Denkfabrik Avenir Suisse schlägt ein Pflege-Sparkonto im Stile der Pensionskassen vor. Die angesparte Summe würde die Belastung von Krankenkassen und Staat senken – und könnte auch vererbt werden.

, 4. November 2024 um 08:39
image
Symbolbild: Harli Marten on Unsplash
Kurzfristig ist die Langzeitpflege bekanntlich ein Pferdefuss in der Efas-Debatte. À la longue ist sie eines der grossen Sozialprobleme, die dringend angegangen werden müssen. Dazu legt die «Denkfabrik» Avenir Suisse nun einen eigenen Vorschlag vor – mit einem Finanzierungsmodell analog den Pensionskassen.
Konkret: Jeder und jede soll ein eigenes «Langzeitpflege-Sparkonto» haben. Die Menschen – so die Idee – bezahlen eine Kopfprämie auf ein Sperrkonto ein. Dieses angesparte Geld kommt zum Einsatz, wenn jemand Langzeitpflege benötigt (was dann auch bestätigt wereden muss, etwa von einem Arzt). Dabei könnten nur anerkannte Institutionen die entsprechenden Pflegeleistungen verrechnen.
  • Diego Taboada, Sonia Estevez, Jérôme Cosandey: «Altersvorsorge neu gedacht: Für eine Modernisierung des Drei-Säulen-Systems», Avenir Suisse, November 2024.
Ein entscheidendes Detail im Vorschlag: Die Ersparnisse, die beim Tod des Patienten nicht verwendet wurden, gehen an die Nachkommen über. «Die Erben können frei darüber verfügen oder das Geld zur Aufstockung ihres eigenen Pflegekapitals verwenden», heisst es im Papier.
Die Analysten des Think Tank erwarten, dass damit auch der Anreiz entsteht, sparsam mit dem «Pflegekapital» umzugehen.
Weiter sollen konkurrierende Organisationen die Verwaltung übernehmen – wobei dies auch die heutigen Krankenkassen oder Pensionskassen sein könnten, die ja bereits über die Infrastruktur und das Knowhow in diesem Bereich haben.
In ihrem Ideen-Papier empfiehlt Avenir Suisse allgemein, dass ein 5-Säulen-Modell unser bekanntes 3-Säulen-Modell ablöst: AHV, Pensionskasse, 3a-Konten, Krankenkassen – sowie die erwähnte fünfte Säule für die Langzeitpflege.

Durchwursteln: Lieber nicht

Den Autoren der wirtschaftsnahen Denkfabrik geht es also darum, das System der Altersvorsorge als Ganzes neu zu denken. Den Anstoss bildet dabei die Einsicht, dass der letzte Lebensabschnitt in unserer Gesellschaft ungenügend finanziert ist. Zugleich wird diese Phase immer länger; und einen grossen Teil der Kosten dafür tragen Krankenkasse und Staat.
Dies wiederum bedeutet: Immer höhere Pflege- und Krankheits-Kosten werden auf relativ weniger Schultern verteilt (da der Anteil der Personen im Berufsleben sinkt).
Was also tun? Für die Langzeitpflege sind laut den Avenir-Suisse-Autoren grundsätzlich drei Varianten denkbar. Erstens die Fortsetzung des bisherigen Durchwurstelns (freundlicher: «Status quo plus»). Zweitens: eine obligatorische Pflegeversicherung. Und drittens die beschriebene (und offensichtlich bevorzugte) Variante: Eine neue Säule für die Langzeitpflege, ähnlich organisiert wie die berufliche Vorsorge.
Das Avenir-Suisse-Paket enthält weitere Vorschläge für die finanzielle Stabilisierung des dritten und vierten Alters – etwa eine Senkung des Koordinationsabzugs (damit insbesondere Personen in Teilzeitbeschäftigung einen besseren Zugang zur beruflichen Vorsorge haben); ein variabler Bonus bei den Renten (wenn die Anlageergebnisse der Pensionskasse gut sind); oder ein freiwilliger Aufschub des Pensionierungsalters.
image
Das 5-Säulen-Konzept von Avenir Suisse  |  Grafik: Avenir Suisse


  • Langzeitpflege
  • Gesundheitskosten
  • versicherer
Artikel teilen

Loading

Kommentar

Mehr zum Thema

image

Gesundheitsausgaben: Jetzt über 11'000 Franken pro Kopf

Gesundheitskosten überholen Wirtschaftswachstum: Die Branche wird in den nächsten Jahren weiter an Bedeutung zulegen. Dies besagt eine neue Studie der Kof/ETH.

image

Ihre Ideen sind gefragt: Wie spart man 300 Millionen pro Jahr?

Beim ersten «Runden Tisch» des Gesundheitswesens setzten die Akteure ein Sparziel, das ab 2026 gelten soll. Dazu soll auch die Bevölkerung kreativ beitragen.

image

Universität Bern entdeckt Funktion der «Gen-Wüste»

Ein «leerer» DNA-Abschnitt steuert die Entwicklung von Gliedmassen und der Herzfunktion. Forschende der Universität Bern sehen Potenzial für die genetische Diagnostik.

image

Direktorin des neuen Krankenkassen-Verbands ist eine Ex-Kaderfrau von Curafutura

Saskia Schenker wird nächstes Jahr die Leitung des Verbands Prioswiss übernehmen.

image

Hirslanden: Daniel Liedtke geht zu Helsana

Der CEO der Privatspital-Gruppe soll nächstes Jahr aufs Verwaltungsratspräsidium des Versicherers wechseln.

image

Der neue Krankenkassenverband heisst Prio.swiss

Felix Gutzwiller wird Übergangs-Präsident des neuen Verbands der Schweizer Krankenversicher. Konrad Graber geht.

Vom gleichen Autor

image

Pflege- und Ärztemangel: Rekordwerte bei offenen Stellen

Die Gesundheitsbranche bleibt führend bei der Suche nach Fachkräften. Laut dem neuen Jobradar steigen die Vakanzen in mehreren Berufen wieder – entgegen dem allgemeinen Trend auf dem Arbeitsmarkt.

image

Luzerner Kantonsspital gründet Virtual-Care-Equipe

Das Team soll den LUKS-Patienten unter anderem eine elektronische 24-Stunden-Betreuung, Hospital@Home-Angebote und Tele-Konsultationen bieten.

image

Nach 15 Jahren Pause: Spitalserie kehrt auf die Bildschirme zurück

Ein Klassiker der frühen 2000er soll auferstehen: Der US-Sender ABC plant Revival der Krankenhaus-Sitcom «Scrubs».