Alle Jahre wieder reiben wir uns im Herbst die Augen: Die Gesundheitskosten steigen weiter – und mit ihnen die Prämien. Gleichzeitig erleben altbekannte wie neue Reformvorschläge Hochkonjunktur, alle mit dem Versprechen, endlich Besserung zu bringen.
Dabei gerät eine der wichtigsten Reformen fast in Vergessenheit, obwohl sie vom Parlament bereits verabschiedet wurde und die Gesundheitsbranche sich nun darauf vorbereiten sollte: Mit der einheitlichen Finanzierung (EFAS) werden ab 2028 sowohl ambulante als auch stationäre Leistungen von den Versicherern und den Kantonen je im gleichen Umfang finanziert. Heute finanzieren die Kantone 55 Prozent der stationären Aufenthalte, während ambulante Leistungen voll zu Lasten der Prämienzahlenden gehen.
Felix Huber, Facharzt für Allgemeine Innere Medizin, ist Verwaltungsratspräsident von Medix Zürich und Präsident von Medix Schweiz. ◾️ Guido Klaus ist Head Public Affairs von Medbase und von Zur Rose Suisse AG.
Der Systemwechsel wird dazu führen, dass ambulante Leistungen aus Sicht der Versicherer günstiger werden, denn neu beteiligt sich der Kanton mit einem Beitrag von rund 25 Prozent. Gleichzeitig verteuern sich stationäre Leistungen für die Versicherer massiv. Diese tragen statt wie bisher 45 Prozent künftig 75 Prozent der Kosten. Das bedeutet einen Anstieg um zwei Drittel.
Kein Wunder also, dass mit EFAS eine weitere kräftige Verlagerung der Leistungen in den ambulanten Bereich erwartet wird.
Gleichzeitig zeigen Studien und internationale Vergleiche deutlich: Die Schweiz leistet sich zu viele Spitäler. Mit EFAS geraten diese nun erst recht unter Druck.
Erste Vorboten der neuen Finanzierungsregeln sind bereits sichtbar. Spitäler expandieren kräftig in den ambulanten Bereich und positionieren sich als Teil der integrierten Versorgung auch in Kooperation mit Versicherern. Die Vielzahl neuer, meist regionaler Versorgungsmodelle unterstreicht die Dynamik und die hohen Erwartungen der Marktteilnehmer.
«Ambulante Leistungserbringer müssen bereits heute kosteneffizient arbeiten, denn ihre Defizite trägt niemand.»
Doch viele Spitäler arbeiten im ambulanten Bereich nicht kostendeckend. Ihre Prozesse sind oft zu kompliziert und nicht auf effiziente Behandlungsabläufe getrimmt. Ambulante Leistungserbringer haben hier entscheidende Vorteile. Sie müssen bereits heute kosteneffizient arbeiten, denn ihre Defizite trägt niemand.
Wenn Spitäler den ambulanten Bereich ausbauen, müssen sie sich konsequent auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren. Sie sollen gezielt jene Leistungen ausbauen, die im ambulanten Praxissetting nicht erbracht werden können.
Für EFAS braucht es kompetente Hausärztinnen und Hausärzte, die ihre Patientinnen und Patienten an die richtigen Stellen zuweisen. In den vertraglich koordinierten Hausarztmodellen tun sie das bereits heute vorbildlich, denn dort zählen die Gesamtkosten.
Hausarztmodelle profitieren
Angesichts des Fachkräftemangels wird auch unter EFAS der rasche und unkomplizierte Zugang zur Hausarztmedizin ein entscheidender Faktor sein. Schon heute zeigen alternative Versicherungsmodelle mit verbindlich koordinierten Versorgungspfaden die grössten Einspareffekte. Da unter EFAS die ambulante Versorgung gegenüber der stationären nochmals deutlich günstiger wird, dürften Hausarztmodelle zusätzlich profitieren.
Versicherte wie Patientinnen und Patienten tun gut daran, sich einem Hausarztmodell anzuschliessen, das eine schnelle und qualitativ hochwertige Versorgung sicherstellt.
Dabei sollten sie sich nicht allein von einer günstigen Prämie blenden lassen. Entscheidend ist, dass der Versicherer den Zugang zur Versorgung im Modell vertraglich gut abgesichert hat.