Bewilligungs-Gebühren: Bundesgericht setzt Warnschuss

500 Franken für eine Berufsausübungsbewilligung? Eine Hebamme wehrte sich – und schuf nun ein Zeichen gegen kantonale Hürden im Binnenmarkt.

, 26. September 2025 um 13:55
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«Die Gesuchstellerin hat Anspruch auf ein kostenloses Verfahren»: Bundesgericht in Lausanne  |  Bild: PD
Das nationale Gesundheitsberufe-Gesetz verlangt bekanntlich neue Berufsausübungsbewilligungen in Bereichen wie Pflege, Physiotherapie, Ergotherapie oder bei Hebammen.
Dies wiederum nutzen allerlei Kantone für den Aufbau von Bürokratie und Gebühren-Einnahmen – so zumindest eine häufig geäusserter Verdacht in der Branche.
Jetzt aber sendet das Bundesgericht ein Warnsignal an die Gesundheitsämter: Es gab einer Hebamme recht, die dem Kanton Luzern 500 Franken für eine Berufsausübungsbewilligung bezahlen sollte.
Interessant ist auch, wer den Fall bis vor das höchste Gericht gezogen hatte: Es war die Wettbewerbskommission.
Konkret ging es um eine Hebamme, die bereits im Aargau, in Solothurn sowie in Bern tätig war und in allen drei Kantonen über eine Berufsausübungs-Bewilligung verfügt. Im Oktober 2022 stellte sie einen weiteren Antrag für den Kanton Luzern. Dieser wurde ihr auch erteilt, versehen mit einer Rechnung über 500 Franken für die Bewilligung sowie über 300 Franken für die Krankenkassen-Zulassung.
«Die möglichst weitgehende interkantonale Freizügigkeit von Personen, die unter das Gesundheitsberufegesetz fallen, trägt zu einer breiten medizinischen Versorgung bei.» | Bundesgerichtsurteil vom 26. August 2025.
Sowohl die Hebamme als auch die Weko erhoben Einsprache gegen diese Kosten. Doch in einem ersten Schritt lehnte das Kantonsgericht Luzern beide Beschwerden ab.
Die Wettbewerbskommission suchte nun den höchstrichterlichen Entscheid. Denn im Hintergrund steht eine recht fundamentale Frage: Wird durch solcherlei Gebühren-Wildwuchs der Schweizer Binnenmarkt sabotiert?
In der Tat erkannten die Richter in Lausanne einen Missbrauch. Soeben hoben sie den Entscheid des Luzerner Kantonsgerichts auf. «Die Vorinstanz verletzt demnach Bundesrecht, wenn sie dem Bewilligungskanton erlaubt, eine Gebühr zu erheben», heisst es im Urteil.
Wer eine kantonale Berufsausübungsbewilligung habe, erfülle auch in einem anderen Kanton die Voraussetzungen, um den Beruf auszuüben, so das Bundesgericht. Bei einer grenzüberschreitenden Erwerbstätigkeit müsse die BAB des Herkunftkantons anerkannt werden: «Nur ausnahmsweise darf der Bestimmungskanton die Bewilligungsvoraussetzungen erneut überprüfen.»
Und so könnten die anderen Kantone höchstens noch eine «Eingangskontrolle» in der Form eines Melde- oder Bewilligungsverfahrens durchführen.
Das Binnenmarktgesetz verpflichte die Kantone zugleich dazu, über Marktzugangsbeschränkungen in einem «einfachen, raschen und kostenlosen Verfahren» zu entscheiden. Bei Gebühren im Stile des Kantons Luzern sei dies aber nicht der Fall.
  • Bundesgericht: Urteil 2C_236/2024 vom 26. August 2025.
  • Hattip für Hinweis: Frédéric Erard.


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