Lockdown: Bei diesen Eingriffen gab es einen «Aufholeffekt»

Nach dem Frühlings-Lockdown konnten die ausgebliebenen Eingriffe bis Ende 2020 fast nicht mehr nachgeholt werden. Es gibt aber auch Ausnahmen.

, 2. September 2022 um 11:42
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Der Einbruch der Fallzahlen konnte in wenigen Bereichen kompensiert werden. | Symbolbild Pexels
Schweizweit reduzierten sich die stationären Fallzahlen während des Frühlings-Lockdowns 2020 im Vergleich zur Vorjahresperiode um 32,2 Prozent. Auf das ganze Jahr betrachtet wurden in den Schweizer Spitälern 5,8 Prozent weniger stationäre Fälle behandelt als 2019. Dies zeigt eine aktuelle Auswertung des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums (Obsan).
Ein «Aufholeffekt» ist allerdings nicht auszumachen, zumindest nicht innerhalb des Jahres 2020, wie aus der Analyse weiter hervorgeht. Das heisst: Die Reduktion der Fallzahlen wurde mit Ausnahme einzelner Eingriffe bis Ende 2020 nicht kompensiert.

Enormer Rückgang aufgeholt

Ein grosser Einbruch der Fallzahlen ist zum Beispiel bei den Mandelentfernungen auszumachen, der bis Ende Jahr nicht wieder aufgeholt werden konnte. Hingegen wurde der enormen Rückgang von Hüft- und Knieprothesen im Vergleich zu den Fallzahlen im Vorjahr bis zum Jahresende fast vollständig kompensiert.
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Screenshot Obsan-Bulletin 04/2022

«Gewisse Reservekapazität in der Orthopädie»

Dass Eingriffe in der Schweiz per Ende 2020 weitgehend nachgeholt werden konnten, dürfte einerseits auf einen grossen Mehreinsatz des Personals zurückzuführen sein, wie in der Analyse zu lesen steht. Andererseits zeige es auch eine gewisse Reservekapazität in der Orthopädie auf, insbesondere im Sommer, in dem die Fallzahlen typischerweise tiefer seien als im Rest des Jahres.

Behandlungsverbot zeigte Wirkung

Generell war der Rückgang der Fallzahlen während des Frühlings-Lock- downs bei nicht-lebensnotwendigen Eingriffen und in Diagnosegruppen mit vielen elektiven Eingriffen erwartungsgemäss am grössten. Dies zeigt den Autoren zufolge, dass das Verbot für «medizinisch nicht dringend angezeigte Untersuchungen und Behandlungen» wirksam umgesetzt wurde.
Eine weitere Rolle spielen aber auch Verhaltensänderungen der Bevölkerung, zum Beispiel weniger mobilitätsbezogene Unfälle oder wenn Patienten aus Angst vor einer Ansteckung oder um das Gesundheitssystem zu schonen, kein Spital aufgesucht haben. Es sei zudem denkbar, dass gewisse Pathologien während des Frühlings-Lockdowns weniger häufig auftraten, weil die Bevölkerung weniger Stressoren ausgesetzt war oder einen gesünderen Lebensstil pflegte.
Die Studie basiert auf Daten der Medizinischen Statistik der Krankenhäuser des Bundesamtes für Statistik (BFS). Sie wurde vom Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums (Obsan) in Zusammenarbeit mit dem Winterthurer Institut für Gesundheitsökonomie (WIG) und der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) durchgeführt.
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