Schon wieder: Gemeinde gründet Gemeinschaftspraxis

Saanen entwickelt eine voll eingerichtete Praxis und bietet betriebswirtschaftliche Unterstützung – damit die Mediziner möglichst glatt ihre Arbeit aufnehmen können.

, 29. Januar 2024 um 23:18
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Medizinisch knapp versorgt: Saanen bei Gstaad  |  Bild: zvg
Gehört es zu den Aufgaben einer Gemeinde, eine Arztpraxis einzurichten und zu lancieren? In immer mehr Ortschaften lautet die Antwort: Ja. Die politischen Behörden befinden, dass sie aktiv werden müssen, um die medizinische Grundversorgung zu sichern.
Das neuste Beispiel kommt aus dem Berner Oberland: Dort beschloss der Gemeinderat von Saanen, die Räume des alten Spitals zu renovieren und für eine Gemeinschaftspraxis auszustatten. «Die medizinische Grundversorgung im Saanenland entspricht zurzeit nicht den Bedürfnissen von Bevölkerung und Gästen», so die Erklärung in einer Mitteilung der tourismusnahen Gemeinde. Man habe sich nun nach Gesprächen mit regionalen Hausärzten zum Handeln entschlossen.
Dies meldet der «Berner Oberländer». Zuvor hatte Saanen darauf gesetzt, dass ein geplantes Luxusklinik-Projekt dem Ort aus der Patsche hilft. Im alten Spital ist vom Privatunternehmen «Gstaad International Healthcare» eine gediegene Privatklinik geplant, und der Vertrag mit der Gemeinde sieht vor, dass dort nebenbei auch Sprechstunden für die Bevölkerung angeboten werden.

Einstieg vereinfachen

Doch der Zeitplan stellt die Gemeinde vor ein Problem: Mit der Errichtung der Klinik – geplant ebenfalls im alten Spital – kann frühestens 2025 begonnen werden.
Begleitet wird das Projekt der Gemeinde-Gemeinschaftspraxis in Saanen von der Firma Praxamed Center AG. Für den Betrieb wurde dann eine eigene Gesellschaft gegründet, die Sarinamed AG. «Mit der Bereitstellung einer ausgestatteten Praxis und der Unterstützung im nicht medizinischen Bereich wird dem Fachpersonal der Einstieg im Saanenland wesentlich vereinfacht», schreiben die Verantwortlichen der Sarinamed AG. Mittelfristig könnten sich Ärztinnen und Ärzte auch an der Praxis beteiligen und unternehmerische Verantwortung übernehmen.
  • Ostschweiz: Gemeinsam für die Hausarztmedizin. Mehrere Kantone schliessen sich gegen den Hausärztemangel zusammen.
Im Thurgau beschlossen die Gemeinden Erlen und Sulgen soeben, dass sie gemeinsam eine Gruppenpraxis einrichten wollen. Die Ortschaften liegen gleich nebeneinander, haben ingesamt rund 6'500 Einwohner – und derzeit noch vier Praxen. Wobei der jüngste Arzt in den beiden Ortschaften 60 Jahre alt ist.
Die Abstimmungen in beiden Gemeinden fielen im November klar aus – und so investieren sie nun 1,96 Millionen Franken, um oberhalb des Migros-Supermarkts in Sulgen eine Gruppenpraxis einzurichten. Jede Gemeinde trägt 980'000 Franken zum Bauprojekt bei. Dabei fliessen insgesamt 900'000 Franken in den Innenausbau sowie die Ausstattung der Praxis.
Bereits jetzt suchen externe Berater nach interessierten Ärzten. Ingesamt 300 Stellenprozente sollen zum Einsatz kommen – sei dies als Inhaber der Gemeinschaftspraxis, sei dies angestellt.

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