Verurteilt, Zulassung gestrichen – aber immer noch Arzt in Freiburg

Der Fall eines verurteilten Arztes zeigt die Lücken im System auf: Informationen zwischen den Kantonen gehen verloren – und sie gelangen nicht über die Landesgrenzen.

, 26. Juni 2025 um 02:00
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Bild: Malcolm Choong 鍾声耀 / Unsplash
Es ist erst das siebte Mal in fast zwanzig Jahren, dass der Kanton Neuenburg eine solche Strafe verhängt: Einem aus Frankreich stammenden Hämatologen, der sich in Neuenburg niedergelassen hatte, wurde kürzlich die Zulassung entzogen.
Die aussergewöhnlich und sehr seltene Massnahme trat sofort in Kraft. Am 28. Mai 2025 erschien der Kantonsarzt persönlich, begleitet von der Polizei, und ordnete die sofortige Schliessung der Praxis an.

Durch die Maschen geschlüpft

Nach Informationen von «RTS» und «ArcInfo» praktizierte der 56-jährige Mann seit 2019 in Neuenburg, nachdem er zuvor im Kanton Freiburg tätig gewesen war. Davor hatte er in Privatkliniken in der Nähe von Paris gearbeitet.
Sein Ausschluss aus der Neuenburger Medizinischen Gesellschaft im Jahr 2023 hatte bereits Fragen aufgeworfen, ohne dass eine öffentliche Erklärung abgegeben wurde.
Nun hat der Sender «RTS» recherchiert. Der Arzt soll der Verwaltung seine problematische Vorgeschichte in Frankreich verschwiegen haben, insbesondere Sanktionen wegen schwerer medizinischer Fahrlässigkeit sowie eine Verurteilung wegen Steuerhinterziehung. Er soll es dank einer lückenhaften Akte geschafft haben, die behördlichen Kontrollen zu umgehen.
Trotz mehrerer Rekurse wurde die Entscheidung des Neuenburger Gesundheitsdepartements am 16. Mai endgültig. Der Mann praktiziert jedoch weiterhin im Kanton Freiburg. Die Freiburger Behörden könnten ihrerseits eine Untersuchung einleiten. Nach Informationen des TV-Senders könnte ihm dort auch bald die Zulassung entzogen werden.

Hier gestrichen, dort erlaubt

Die Schweiz ist nicht Teil des europäischen Binnenmarkt-Informationssystem (Internal Market Information System IMI). Dieses ermöglicht, Gesundheitsfachkräfte, denen die Ausübung ihrer Tätigkeit untersagt ist, automatisch anderen Ländern zu melden.
Es überrascht also nicht, dass einige Ärzte, denen in Frankreich die Zulassung entzogen wurde, in einem Schweizer Kanton eine Zulassung erhielten, da ihre Vorgeschichte unbemerkt geblieben war.
Das Problem wird durch die fehlende Koordination zwischen den Kantonen untereinander noch verschärft, was dazu führt, dass Ärzte, die in einem Kanton bestraft worden sind, in einem Kanton anderen manchmal ungehindert weiter praktizieren können.
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