Rückgang bei Lebertransplantationen: Ärzte lehnen Organe ab

Die Verwendungsrate von Spenderlebern ist markant gesunken. Laut einem Bericht gehen brauchbare Organe aus der Schweiz ins Ausland.

, 26. Mai 2025 um 01:01
image
Symbolbild: Swisstransplant
«Das Leberversagen»: Unter diesem Titel thematisiert die «NZZ am Sonntag», dass die Schweizer Kliniken zurückhaltender geworden sind bei Transplantationen. Die Kernaussage des Aritkels: In den Spitälern werden taugliche Spender-Lebern nicht verwendet. Vereinzelt gehen sie sogar ins Ausland. Derweil sterben Menschen, die auf eine Leber warten.
«Wir haben hier tatsächlich ein Problem», zitiert die NZZaS den Direktor der Stiftung Swisstransplant, Franz Immer: «Die Organverwendungsquote ist in den letzten zwei Jahren markant gesunken. Bis vor wenigen Jahren war die Schweiz bei der Verwendungsquote europaweit zusammen mit Italien an der Spitze, heute sind wir unter dem Durchschnitt.»
Die Transplantationszentren seien zurückhaltender geworden, ein Team zu schicken und auch Lebern von nicht optimalen Spendern vor Ort zu evaluieren, bei denen die Verwendung fraglich ist. «Heute ist diese Bereitschaft gesunken», so Immer.
Dies vor allem bei Lebern, die nach einem Herz-Kreislauf-Stillstand statt nach einem Hirntod entnommen wurden – wo es eher zu schlechten Ergebnissen kommen kann. Diese Erfahrung machte offenbar die Zentren zurückhaltender. Doch auch bei den Lebern, die nach Hirntod entnommen werden, ging laut Swisstransplant die Verwendungsrate zurück.
image
Warteliste und Transplantationen 2024: Grafik aus dem Jahresbericht von Swisstransplant
Allerdings: Insgesamt stieg die Zahl der hierzulande transplantierten Lebern zuletzt deutlich an. Waren es 2021 noch 36 Organe gewesen, so wurden letztes Jahr 133 Lebern neu eingesetzt. Zum Vergleich: 491 Schweizerinnen und Schweizer warteten letztes Jahr auf eine Leber; 36 davon verstarben noch während der Frist.
Derweil wurden in den letzten zwei Jahren zwanzig Schweizer Lebern ins Ausland exportiert, auch wenn es hierzulande Empfänger gegeben hätte: Schweizer Ärzte lehnten sie ab – Ärzte in Nachbarländern befanden sie für tauglich. Kritisch dazu äussert sich Peter Lodge, Präsident der European Surgical Association und Leber-Transplantations-Spezialist aus Leeds: «Was in der Schweiz passiert, ist sehr besorgniserregend», lässt sich Lodge in der NZZaS zitieren: «Es ist weltweit äusserst ungewöhnlich, dass ein Land Organe ins Ausland exportiert, obwohl es selbst eine lange Warteliste hat.»
  • Zum Thema: Warum Spenderherzen in Kaltlagerung versagen – und wie man das verhindert. Ein Team der University of Michigan und der Mayo Clinic entdeckte einen bislang unbekannten molekularen Mechanismus. Dieser erklärt, warum Spenderherzen während der Kaltlagerung Schaden nehmen.

  • transplantationen
  • swisstransplant
  • viszeralchirurgie
Artikel teilen

Loading

Kommentar

Mehr zum Thema

image

Inselspital hat die 800. Leber transplantiert

Es gibt nur drei Schweizer Spitäler, die Lebern transplantieren dürfen. Das Berner Inselspital hat 800 solche Eingriffe gemacht.

image

Swisstransplant: Zahl der Spenden stieg weiter

Die Professionalität der Spendenetzwerke trägt Früchte. Allerdings: Die Bereitschaft der Angehörigen zur Zustimmung ist rückläufig.

image

Leberkrebs: Ein weiterer Schritt zur vollständigen Remission?

Eine internationale Studie unter Genfer Leitung zeigt, dass ein genaues Intervall zwischen Immuntherapie und Lebertransplantation die Chancen auf eine vollständige Remission des hepatozellulären Karzinoms maximieren könnte.

image

Ein Genfer an der Spitze der Europäischen Gesellschaft für Koloproktologie

Frédéric Ris, Spezialist für Kolorektalchirurgie am Genfer Kantonsspital HUG, wurde zum Präsidenten der ESCP gewählt. Er ist der erste Schweizer in diesem Amt.

image

Organspenden: Positiver Trend, aber weiterhin grosser Bedarf

Ans Rekordjahr 2023 kommen die aktuellen Zahlen der Organspenden zwar nicht ganz heran - sie liegen dennoch deutlich höher als in den vorangehenden Jahren.

image

KSB: Daniel Frey ist neuer Leiter des Adipositaszentrums

Der ehemalige GZO-Chefarzt und Leiter des Chirurgiezentrums Zürcher Oberland folgt am Kantonsspital Baden auf Fabian Deichsel, der ans Spital Einsiedeln gewechselt ist.

Vom gleichen Autor

image

Diese 29 Erfindungen machen die Medizin smarter

Das US-Magazin «Time» kürte die wichtigsten Innovationen des Jahres aus dem Gesundheitswesen. Die Auswahl zeigt: Fortschritt in der Medizin bedeutet heute vor allem neue Schnittstellen zwischen Mensch, Maschine und Methode.

image

Privatklinik Aadorf: Führungswechsel nach 17 Jahren

Die Privatklinik Aadorf bekommt einen neuen Leiter: Michael Braunschweig tritt die Nachfolge von Stephan N. Trier an.

image

Baselbieter Kantonsparlament stützt UKBB

Das Universitäts-Kinderspital beider Basel soll frische Subventionen erhalten, um finanzielle Engpässe zu vermeiden. Der Entscheid im Landrat war deutlich. Doch es gibt auch Misstrauen.