«Vor den Kopf gestossen»: Viszeralchirurgen kritisieren Kongressausschluss

Die Gesellschaft für Gastroenterologie beendet eine jahrzehntelange Zusammenarbeit abrupt. Viszeralchirurg Urs Zingg sieht darin einen «Schritt zurück ins eigene Schneckenhaus.»

, 30. September 2025 um 05:03
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Urs Zingg ist Chefarzt an der Klinik für Allgemein-, Gefäss- & Viszeralchirurgie, Leiter Ärztliches Departement und Mitglied der Spitalleitung am Spital Limmattal. Bild: zvg
«Ich finde die Entscheidung enttäuschend und unverständlich», sagt Urs Zingg. Enttäuscht ist der Chefarzt am Spital Limmattal über den Beschluss der Schweizerischen Gesellschaft für Gastroenterologie (SGG), Viszeralchirurgen künftig von den gemeinsamen Kongressen auszuschliessen.
Über 20 Jahre lang waren die Viszeralchirurgen Teil der jährlichen Kongresse in Interlaken – nächstes Jahr soll damit Schluss sein.
«Viele Viszeralchirurgen und Gastroenterologen, die in den Kliniken tagtäglich Hand in Hand arbeiten, fühlen sich vor den Kopf gestossen, zumal die beiden Fachgesellschaften auf jahrzehntelange, erfolgreiche Zusammenarbeit zurückblicken», schreiben die Swiss Visceral Surgeons (SGVC/SSCV).
Und weiter: «Warum beendet man ein bewährtes Format für Austausch, Fortbildung und Patientenwohl von heute auf morgen – ohne Alternative? Und weshalb wurden die Mitglieder beider Gesellschaften nicht konsultiert?»

Egoismus, Konkurrenzdenken...

Urs Zingg sagt dazu: «Der Kongress ist eine zentrale Plattform für den fachlichen Austausch und die interdisziplinäre Zusammenarbeit. Der Ausschluss ist ein schlechtes Signal, besonders für den Nachwuchs.»
Gleichzeitig betont er, dass es grundsätzlich keine Kluft zwischen den Fachrichtungen gebe.
In einem offenen Brief an die SGG hebt Zingg hervor, dass die Kongresse nicht nur den fachlichen Austausch ermöglichten, sondern auch die Gelegenheit bieten, über den Tellerrand zu schauen und neue Kolleginnen und Kollegen kennenzulernen.
Zingg kritisiert allgemein das Klima im Gesundheitswesen: «Unser System ist oft geprägt von Egoismus, Konkurrenzdenken und Partikularinteressen. Hinzu kommen Neid, Missgunst und Dünkel. Der Ausschluss wirkt wie ein Schritt zurück ins eigene Schneckenhaus und sendet ein falsches Signal.»
Alain Vonlaufen, Co-Präsident der SGG, erklärt gegenüber Medinside, dass die internen Diskussionen, die zu diesem Entscheid geführt haben, vertraulich seien: «Wir möchten diese nicht öffentlich machen und bitten um Verständnis».

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