Studie: Kinder mit ADHS leben häufig in chaotischen Haushalten

Das Haushaltchaos erschwert die Erziehung von Kindern mit ADHS. Trotzdem schätzen die Eltern die Beziehung zu ihren Kindern positiver ein als die Eltern von Kindern ohne ADHS. Dies zeigt eine Studie der Goethe-Universität Frankfurt.

, 14. März 2017 um 11:24
image
  • forschung
  • pädiatrie
In Familien mit Kindern mit Aufmerksamkeitsdefizit-Störung (ADHS) beobachten Forscher häufig ein fragwürdiges Erziehungsverhalten, ein negatives emotionales Klima oder Haushaltchaos. Wie diese Faktoren zusammenhängen, hat eine Arbeitsgruppe der Goethe-Universität Frankfurt untersucht. Mit einem für die Wissenschaftler «überraschenden Ergebnis». 
 «Wir sind davon ausgegangen, dass die Eltern von Kindern mit ADHS es wegen der Symptome ihrer Kinder schwer haben, Strukturen und Routinen aufrechtzuerhalten», sagt Andrea Wirth, wissenschaftliche Mitarbeiterin in der pädagogischen Psychologie der Goethe-Universität. «Das Haushaltchaos beeinträchtigt das emotionale Klima und das Verhalten der Eltern.»

Chaos wirkt sich nicht auf das emotionale Klima aus

Erwartungsgemäss zeigten die Eltern von hyperaktiven Kindern denn auch mehr «inadäquates Erziehungsverhalten». Das heisst, sie kritisierten ihre Kinder häufiger und berichteten über mehr Chaos im Haushalt als die Eltern der Kontrollkinder. 
Zur Überraschung der Psychologen schätzen Eltern von ADHS-Kindern aber die Beziehung zu ihren Kindern als positiver ein als die anderen. Die chaotische Umgebung scheint sich also nicht auf das emotionale Klima in der Familie auszuwirken. 
Dies steht im Widerspruch zu früheren Studien, die einen Zusammenhang zwischen inadäquatem Verhalten der Eltern und emotionalem Klima festgestellt haben. Die Wissenschaftler folgern, dass Eltern trotz des herrschenden Chaos ihre Kinder mögen, positiv über sie sprechen und es geniessen, Zeit mit ihnen zu verbringen. 

Mehr Routine und Rituale

Die Arbeitsgruppe will nun aufgrund der Ergebnisse Empfehlungen erarbeiten, welche helfen sollen, das Familienleben zu ordnen, Routinen und Rituale zu stärken und die Organisation des Familienalltags zu verbessern. Dazu gehören: Bei den Hausaufgaben Radio und Fernseher ausschalten, Telefongespräche hinter geschlossenen Türen führen, Gäste nur zu bestimmten Zeiten empfangen und Hausaufgaben alleine in einem ruhigen Raum machen. 
In der Studie gingen Daten von 84 Kinder im Alter von 7 bis 13 Jahren ein, von denen 31 Kinder der ADHS-Gruppe und 53 Kinder der Kontrollgruppe zugewiesen wurden. 

  • Zur Studie «Wie bei Hempels unter dem Sofa», März 2017

Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Woran orthopädische Chirurgen leiden

Probleme an Händen, Hörschaden oder Krebs. Die Bandbreite der berufsbedingten Beschwerden bei Orthopäden ist gross, wie eine Umfrage aus den USA zeigt.

image

Abwasser-Monitoring soll Antibiotika-Resistenzen überwachen

Bald könnte das Abwasser nebst Sars-Cov-2 auch auf andere Krankheitserreger ausgeweitet werden. Doch nicht alle halten diese Idee für sinnvoll.

image

Steigt die Sterblichkeitsrate bei zu hoher Bettenauslastung im Spital?

Dieser Frage ging die Universität Basel Basel nach. Die Ergebnisse, die in einer Fachzeitschrift publiziert wurden, liefern eine neue Perspektive.

image

Patienten fühlen sich wohler, wenn sich Ärzte kennen

Wie gut ein Hausarzt mit seinen Kollegen vernetzt ist, kann die wahrgenommene Qualität einer Behandlung beeinflussen. Zu diesem Schluss kommt eine neue Studie.

image

Gibt es eigentlich «Nie-Covid»-Menschen?

Es könnte sein, dass es Personen gibt, die noch nie an Covid erkrankt sind. Allerdings lässt es sich nicht belegen – noch nicht.

image

Basel: 750'000 Franken für die Pädiatrische Forschung

Die Thomi-Hopf-Stiftung unterstützt ein Spezialprogramm der Pädiatrischen Forschung des Universitäts-Kinderspitals beider Basel.

Vom gleichen Autor

image

Pflege: Zu wenig Zeit für Patienten, zu viele Überstunden

Eine Umfrage des Pflegeberufsverbands SBK legt Schwachpunkte im Pflegealltag offen, die auch Risiken für die Patientensicherheit bergen.

image

Spital Frutigen: Personeller Aderlass in der Gynäkologie

Gleich zwei leitende Gynäkologen verlassen nach kurzer Zeit das Spital.

image

Spitalfinanzierung erhält gute Noten

Der Bundesrat zieht eine positive Bilanz der neuen Spitalfinanzierung. «Ein paar Schwachstellen» hat er dennoch ausgemacht.