Spitalfinanzierung – das süsse Gift der Subventionen

Zusätzlich zu jeder Fallpauschale von rund 9'900 Franken werden die Listenspitäler mit durchschnittlich 2'039 Franken bzw. rund 20 Prozent legal und illegal subventioniert. Die kantonalen Unterschiede sind laut Studie der Uni Basel im Auftrag des Verbandes der Privatspitäler «Ospita» enorm.

, 25. September 2021 um 06:35
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Die 2012 in Kraft gesetzte neue Spitalfinanzierung soll den Wettbewerb um Effizienz und Qualität stärken. Subventionen in der Form von gemeinwirtschaftlichen Leistungen (GWL) sind erlaubt, wo sie für die Notfallmedizin, Forschung und Lehre sowie für die Versorgung in ländlichen Gebieten notwendig sind. Zu den erlaubten Subventionen kommen erhöhte Fallpausschalpreise und Investitionszuschüsse in Form von günstigen Mieten oder Abschreibungen hinzu. Wie die Studienautoren unter der Leitung von Prof. Stefan Felder zeigen, nahmen die legalen und illegalen Subventionen seit 2013 schweizweit um 14.1 Prozent bzw. rund 365 Millionen Franken zu und erreichten 2019 ein Total von rund 2.6 Milliarden Franken. Weil öffentliche Spitäler signifikant mehr Subventionen bekommen, verzerren diese den Wettbewerb. GWL sollten deshalb ausgeschrieben werden. Weitere Subventionen sollten die kantonale Parlamente ganz einfach nicht bewilligen, denn sie sind nicht im Interesse der Bürger.
Das Ausmass der Gesamtsubventionen für das Jahr 2019 variierte von Kanton zu Kanton extrem: Mit insgesamt 555 Millionen Franken, 229’870 Franken pro stationäres Akutbett und 692 Franken pro Einwohner bzw. 4.821 Franken pro Fall war der Kanton Waadt an der Spitze.
Am wenigsten pro Akutfall und Einwohner bezahlte mit 462 Franken bzw. 55 Franken pro Einwohner der Kanton Zug. Auf die Akutbetten gerechnet waren die Gesamtsubventionen im Thurgau am niedrigsten.
Pro Akutbett nahmen die Subventionen in Appenzell-Ausserrhoden mit 220’410 Franken zu, gefolgt von Basel-Landschaft mit 117’447 Franken und Schaffhausen mit 89’529 Franken.
Problematisch ist, dass die Subventionen in jenen Kantonen am stärksten anstiegen, die wie Zürich, Waadt und Genf in absoluten Zahlen bereits führend waren. Rückgängig waren die Subventionen in Basel- Stadt und Bern.

Unispital Lausanne (CHUV) bekam 2019 am meisten Subventionen

Ebenso extrem wie die Unterschiede von Kanton zu Kanton waren sie zwischen den Spitälern. 75 Prozent der Subventionen fielen auf 10 Spitäler. Die Unispitäler Lausanne (CHUV), Genf (HUG), Zürich (USZ) und Bern (Inselspital) bezogen rund die Hälfte der gesamten Subventionen.
Das Stadtspital Triemli – in der Zwischenzeit fusioniert mit dem Stadtspital Waid - überholte 2019 das USZ und das Inselspital. Der Grund ist der Abschreiber von 176 Millionen Franken auf dem Bettenhaus. Das Kantonsspital Baselland bekam 2019 vom Kanton eine Defizitdeckung von rund 70 Millionen Franken. Auch die Kantonsspitäler Freiburg und Neuenburg waren unter den 10 Spitälern, die 2019 am meisten Subventionen bekamen. Die Hirslandengruppe musste für ihre Klinik Am Rosenberg ein Defizit von 46.5 Millionen Franken decken. 25 Prozent der Subventionen verteilen sich auf weitere Spitäler.

Kaum Subventionen für Privatspitäler

1.85 Milliarden Franken oder 71.5 Prozent von 2.6 Milliarden Franken flossen an öffentliche Spitäler, 621 Millionen Franken oder 24 Prozent an andere subventionierte Einrichtungen und 115 Millionen Franken oder 4.4 Prozent gingen an private Kliniken. Bei den Privatkliniken handelte es sich bei den Subventionen und Beiträgen grösstenteils um eine Defizitdeckung durch den Träger.

Kantone verletzen ungestraft Bundesrecht

Prof. Stefan Felder und sein Team sehen die Rollenkonflikte der Kantone als Versorgungsplaner, Besitzer, Teilfinanzierer, Subventionsgeber und Tarifgenehmiger als Ursache des Problems. Sie schlagen vor, dass sich die Kantone als Spitalbetreiber sowie als Träger von Spitälern verabschieden und sich auf die Rollen der Regulatoren und Auftraggebers beschränken.
Die Studienautoren schlagen auch eine genauere Definition und Ausschreibunge der GWL nach öffentlichem Submissionsrecht vor, damit nur noch die Spitäler mit den besten Offerten GWL anbieten. Es gibt zwar schon diverse Bundesgerichtsurteile, welche einzelne Kantone rügen. Wie immer, wenn sich Kantone nicht an Bundesrecht halten, gibt es niemanden, der sie sanktioniert. Intervenieren müssten die Kantonsparlamente, weil die subventionierte Strukturerhaltung teuer ist. Und da das medizinische Fachpersonal der limitierende Faktor ist, wird trotz Subventionen früher oder später auch die Qualität der medizinischen Versorgung leiden. Leider ist zu befürchten, dass die Pandemie eher zu noch mehr Strukturerhaltung führen wird, obwohl Agilität und gleichlange Spiesse für öffentliche und private Spitäler wichtiger für ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis der Spitalleistungen wären.
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