Kürzlich äusserte sich
Thierry Carrel, Chirurg und Klinikdirektor am Inselspital Bern, kritisch zum Lohnniveau der Ärzte. Obwohl es beim Arztberuf immer um Leben oder Tod gehe, falle das Salär - in seinem Fall rund 600'000 Franken - bedeutend geringer als bei Top-Bankern oder Managern aus. «Ich stelle mir immer wieder die Frage, ob die eine Arbeit tatsächlich so viel mehr wert sein kann als die andere», sagte
Carrel in der «Schweizer Illustrierten».
Wirtschaftsberaterin Sonja A. Buholzer erklärte die Einkommensschere daraufhin so: «Das Angebot an jungen, hervorragend ausgebildeten Ärzten und Fachärzten, auch aus dem Ausland, ist anspruchsvoll. Das generiert Wettbewerb und senkt das Lohnniveau. Die Zahl exzellenter Wirtschaftsführer hingegen ist noch immer klein und exklusiv.»
«Einkommen haben sich halbiert»
Für den
Ärzteverband FMH ist diese Erklärung ein Hohn. Christoph Bosshard, Mitglied im Zentralvorstand, sagt
gegenüber der Zeitung «Blick»: «Die durchschnittlichen Ärzteeinkommen haben sich im Vergleich mit anderen Berufsklassen in den vergangenen 30 Jahren halbiert».
Bosshard bezieht sich dabei auf die von der FMH publizierten Einkommensstudien. Als Grund für die Entwicklung vermutet er, dass «Ärztinnen und Ärzte mitunter in Einkommensfragen schlechtere Verhandler sind als Wirtschaftsmanager». Angesichts des Ärztemangels geht Bosshard nicht von der Hypothese aus, dass zu viele Ärzte die Löhne drücken.