Falsche Ärztin soll für den Tod von vier Patienten verantwortlich sein

Totschlag und schwere Körperverletzung: In Deutschland sitzt eine falsche Ärztin in Untersuchungshaft. Auch ihre Vorgesetzten kommen unter Druck.

, 4. November 2019 um 08:01
image
  • spital
  • qualität
Immer wieder schaffen es Hochstapler, Spitäler mit falschen Bewerbungsunterlagen zu täuschen. Derzeit ermittelt in Deutschland die Staatsanwaltschaft gegen eine falsche Ärztin, wie mehrere Medien in Deutschland berichteten (etwa hierhier oder hier)
Der 48-Jährigen wird vorgeworfen, durch fehlerhafte Anästhesien in vier Fällen den Tod der Patienten verursacht zu haben. In acht weiteren Fällen sollen Gesundheitsschäden eingetreten sein. Ob es weitere mögliche Opfer gibt, prüfen die Behörden in Nordhessen noch.

Keine ärztliche Zulassung

Staatsanwaltschaft und Polizei ermitteln nun unter anderem wegen des Verdachts des Totschlags, gefährlicher Körperverletzung, Urkundenfälschung, des Betrugs und des Missbrauchs von Titeln.
Die Frau war von 2015 bis 2018 als Assistenzärztin in der Klinik Hospital zum Heiligen Geist in Fritzlar tätig. Sie soll zwar Medizin studiert haben, eine ärztliche Zulassung hatte die Doktorin in Naturwissenschaften aber nicht. 

Auch die Klinik gerät ins Visier

Das Spital ist ist nach eigenen Angaben ein «hochmoderner Grund- und Regelversorger» mit rund 170 Betten und 500 Mitarbeitenden. Aufgeflogen ist die falsche Ärztin, als sie sich Ende 2018 an einer anderen Klinik bewarb. 
Die Frau, die laut einem Medienbericht früher politisch aktiv war, sitzt derzeit in Untersuchungshaft. Es werde zudem geprüft, ob die damals in der Klinik tätigen Ärzte ihre Aufsichtspflicht als Vorgesetzte verletzt haben: Es gibt der Staatsanwaltschaft zufolge Anhaltspunkte, dass die Mediziner möglicherweise die mangelnde Kompetenz der Beschuldigten erkannten, sie aber gleichwohl weiterhin in ihrer Funktion gewähren liessen.

Zentrales Archiv gefordert

Offenbar ist es in Deutschland angesichts von mehreren Landesärztekammern sehr leicht, fehlende Zulassungen zu verschleiern. Kritiker fordern, die Approbation eines Arztes unter anderem deshalb zentral zu archivieren. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz fordert angesichts der Vorwürfe deshalb hier mehr Transparenz. 
  • Falsche Ärzte: 18 spektakuläre Fälle
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

So will das Kantonsspital Graubünden Gewaltopfern helfen

Das Kantonsspital Graubünden in Chur betreibt neu die Sprechstunde «Forensic Nursing». Das Angebot ist das erste dieser Art in der Deutschschweiz.

image

Kantonsspital Winterthur lässt Gender-Leitfaden nun doch fallen

Das Kantonsspital Winterthur zieht die gendergerechte Sprachempfehlung zurück. Der Druck ist wohl zu gross geworden.

image

Christian Britschgi wechselt als Chefarzt nach Winterthur

Christian Britschgi leitet künftig die medizinische Onkologie und Hämatologie im Kantonsspital Winterthur.

image

Zwei der grössten Psychiatrie-Kliniken wollen fusionieren

In Bern bahnt sich eine Elefantenhochzeit an: Die zwei eh schon grössten Kliniken wollen sich zu einer vereinigen.

image

Mobbing-Streit in Solothurn droht zu eskalieren

Seit Monaten schwelt bei den Solothurner Spitälern ein Konflikt. Nun erhebt auch der Berufsverband schwere Vorwürfe und droht sogar mit Klage.

image

Barbara Nietlispach wird Chefärztin im Wallis

Die Klinik Frau–Kind des Spitalzentrums Oberwallis (SZO) stellt sich neu auf und geht eine neue Kooperation ein.

Vom gleichen Autor

image

Berner Arzt hat Aufklärungspflicht doch nicht verletzt

Im Fall einer Nasen-OP mit Komplikationen verneint das Bundesgericht eine Pflichtverletzung eines Berner HNO-Arztes. Die Vorinstanzen haben noch anders entschieden.

image

Warum hunderte Pflegekräfte derzeit «Rücktrittsschreiben» verfassen

Eigentlich möchten viele Pflegefachpersonen ihrem Beruf gar nicht den Rücken kehren. Doch das System zwingt sie dazu, wie eine aktuelle Kampagne in den USA exemplarisch zeigt.

image

Ärzte erhalten von Ärzten eine Sonderbehandlung

Ärzte als Patienten kriegen bestimmte Privilegien, die andere Patienten oder Patientinnen nicht erhalten würden. Dies sagt die grosse Mehrheit der in einer Studie befragten Ärzte.