Hacker-Angriff auf Spital fordert ein Menschenleben

In Düsseldorf starb eine Patientin, die nicht behandelt werden konnte, weil Hacker die Klinik-IT lahmlegten. Der Angriff war wohl versehentlich.

, 17. September 2020 um 14:22
image
  • spital
  • it
  • it-sicherheit
Der erfolgreiche Hacker-Angriff auf die Universitätsklinik Düsseldorf (UKD), eines der grössten Spitäler im Bundesland Nordrhein-Westfalen (NRW), fordert nun ein Todesopfer.
Dies melden deutsche Medien unter Berufung auf einen Bericht des NRW-Justizministeriums. Der Tod sei eine Konsequenz eines Ransomware-Angriffs von vor einer Woche, bei dem 30 Server des Spitals verschlüsselt wurden. Weil die IT-Systeme heruntergefahren wurden, sollte eine Patientin in ein anderes Krankenhaus zur Behandlung verlegt werden, starb jedoch.
Die Polizei hat nun ein «Todesermittlungsverfahren» gestartet. Dieses soll klären, ob der Tod vorsätzlich, fahrlässig oder durch fremdes Verschulden verursacht wurde.
Die Täter sind abgetaucht. «Eine Spur haben wir bislang nicht. Wir können auch nicht sagen, ob es ein Einzeltäter oder eine Gruppierung ist», erklärte ein Staatsanwalt. «Wir gehen von professionellen Tätern aus.»

Hacker zogen Erpressung zurück

Inzwischen sind die verschlüsselten Daten entschlüsselt und zwar mit Hilfe der Hacker selbst: Sie wollten nicht das Spital erpressen, sondern eine Universität, das zeigte ihre Erpresserbotschaft. Die Polizei nahm Kontakt auf und informierte sie, dass ein Krankenhaus betroffen sei. Nun seien Patienten erheblich gefährdet. Die Täter hätten daraufhin die Erpressung zurückgezogen und die Entschlüsselung ermöglicht.
Beim Hacker-Angriff sind nach bisherigen Erkenntnissen der involvierten Forensiker keine Daten kopiert oder gelöscht worden. Das teilte die Klinik mit. Die Wiederherstellung der Daten und Systeme könne aber noch mehrere Wochen dauern. Aktuell funktioniere das Spital-Netzwerk nicht, die Behandlungsgeräte könnten mit diesem verbunden werden.
Ein bisschen ist bereits zur Lücke bekannt, die erfolgreich ausgenutzt wurde: «Die Sicherheitslücke befand sich in einer marktüblichen und weltweit verbreiteten kommerziellen Zusatzsoftware. Bis zur endgültigen Schliessung dieser Lücke durch die Softwarefirma war ein ausreichendes Zeitfenster gegeben, um in die Systeme einzudringen», teilte die Klinik mit.
Es wurde nicht bekanntgegeben, um welche Lücke es sich bei welchem Produkt handelt, was bereits zu empörten Kommentaren und Haftungsdiskussionen führt.

«Daran werden wir arbeiten»

Als Folge der Attacke wurden Operationen verschoben und Patienten wie Notfälle in andere Kliniken verlegt. Üblicherweise habe die Klinik etwa 1000 Patienten in einer stationären Behandlung, nun seien es nur noch etwa 550, sagte ein Kliniksprecher. Statt zwischen 70 und 120 Operationen pro Tag könne man nur noch 10 bis maximal 15 durchführen.
Nun will der Staat in die IT-Security der Universitätsspitäler investieren. Seit 2018 würden für jede Uniklinik zwei Millionen Euro für die IT-Sicherheit bereitgestellt, sagte die zuständige Ministerin den Medien. «Das ist in der Tat zu wenig, daran werden wir arbeiten.»
Dieser Artikel erschien zuerst auf dem IT-Nachrichtenportal «Inside IT»
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Kanton finanziert Virtual Reality am Kantonsspital Graubünden

Der Kanton Graubünden investiert über 1,8 Millionen Franken in die virtuelle Ausbildung von medizinischem Fachpersonal.

image

«Friendly Work Space» – diese Spitäler tragen neu das Label

Die Gesundheitsförderung Schweiz zeichnet Unternehmen aus, die besonders gesundheitsförderliche Arbeitsbedingungen schaffen.

image

Nach abruptem Abgang: Die Psychiatrie St. Gallen hat wieder eine Direktorin

Steffi Weidt wird im April 2024 Direktorin 'Medizin und Psychologie' der Psychiatrie St. Gallen.

image

Urologie: 44 Spitäler wollten – diese 27 dürfen

In der Hochspezialisierten Medizin (HSM) wurden neue Leistungsaufträge vergeben – diesmal für zwei komplizierte Urologie-Operationen.

image

Männergesundheit: «Vorsorge lohnt sich»

Männer sterben früher als Frauen. Auch, weil sie sich weniger um ihre Gesundheit kümmern, meint Prof. Dr. med. Stephen Wyler, Chefarzt und Klinikleiter Urologie sowie Leiter des Prostata- und Uroonkologischen Zentrums am Kantonsspital Aarau KSA.

image

Dem See-Spital bleibt das neue Medical-Center versagt

Das See-Spital Horgen kapituliert: Es verzichtet auf den geplanten Neubau.

Vom gleichen Autor

image

Studie zeigt geringen Einfluss von Wettbewerb auf chirurgische Ergebnisse

Neue Studie aus den USA wirft Fragen auf: Wettbewerb allein garantiert keine besseren Operationsergebnisse.

image

Warum Medizinstudierende im Studium ihre Empathie verlieren

Im Laufe eines Studiums nimmt offenbar das Einfühlungsvermögen von angehenden Ärztinnen und Ärzten ab. Dies zeigt eine neue Studie.

image

Berner Arzt hat Aufklärungspflicht doch nicht verletzt

Im Fall einer Nasen-OP mit Komplikationen verneint das Bundesgericht eine Pflichtverletzung eines Berner HNO-Arztes. Die Vorinstanzen haben noch anders entschieden.