Eine App zur Verbesserung der Therapietreue

Sanitas startet zusammen mit Tom Medications ein Pilotprojekt mit einem App-basierten Programm für chronisch kranke Personen.

, 24. Mai 2022 um 07:30
image
  • sanitas
  • medikamente
  • yvonne gilli
Es ist bekannt, dass im Gesundheitswesen der Schweiz die Digitalisierung keine hohe Priorität geniesst oder genoss. Das zeigt sich unter anderem an einer kürzlich erfolgten Meldung von Sanitas, ein Pilot-Programm zur Steigerung der Therapietreue von Kundinnen und Kunden mit chronischen Erkrankungen zu lancieren. Warum erst jetzt?
In der Medieninformation schreibt Sanitas, die digitalen Möglichkeiten zur Unterstützung von Patientinnnen und Patienten mit chronischen Erkrankungen habe grosses Potential.
Das ist nun wirklich nicht neu. «Pling, bitte nehmen Sie die Pille ein», titelte hier Medinside. Das war im Februar 2019, also vor über drei Jahren. «Bereits 2015 hat eine Recherche der «Frankfurter Allgemeinen» mindestens 12 Apps gefunden, welche die korrekte Medikamenteneinnahme unterstützen», sagte damals die heutige FMH-Präsidentin Yvonne Gilli.

Herausforderung für multimorbide Ü80

2018 machten FMH und KPMG eine Umfrage zur Nutzung und Nachfrage neuer Technologien. Das Resultat zeigte ein Interesse seitens der Ärzteschaft, jedoch nur eine geringe Nachfrage auf Seiten der Patientinnen und Patienten. Ein Problem besteht darin, dass viele der chronisch kranken Patienten multimorbid und über 80 seien. Es ist nicht immer einfach, ihnen das Funktionieren von Apps zu erklären.
Vielleicht gelingt dies nun Sanitas. Im Mediencommuniqué erklärt CEO Andreas Schönenberger: «Als Gesundheitspartnerin stehen unsere Kundinnen und Kunden bei uns im Zentrum. Das ist besonders wichtig während einer Krankheit. Hier sehen wir das Potential, sie noch besser zu unterstützen.»

Wer überwacht die Treue?

Noch vor drei Jahren hiess es beim Krankenkassenverband Santésuisse, es sei Aufgabe des behandelnden Arztes, die Therapietreue zu überwachen. Und Andreas Schiesser, Projektleiter Pharma und Medikamente bei Curafutura, sagte damals, den Ärzten fehle der Anreiz, diesen Aufwand zu betreiben, da er nicht über den Ärztetarif Tarmed abgerechnet werden könne.
Schiesser muss es wissen: Er ist Gründer und Besitzer der Memorems Services AG, die vor über zehn Jahre eine Applikation als Reminder zur Einhaltung des Medikationsplans entwickelt hat.
Sanitas startet das Pilotprojekt zusammen mit der auf Medikamentenmanagement spezialisierten TOM Medications. Zwischen Mai und November 2022 können Kundinnen und Kunden mit einer Zusatzversicherung an einer sechsmonatigen Testphase teilnehmen. 
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image
Die Rechtsfrage der Woche

Vitamine und Versprechen: Was beim Verkauf von Nahrungsergänzungs-Mitteln gilt

Nahrungsergänzungsmittel füllen die Regale – in Apotheken, Supermärkten und Online-Shops. Aber viele Werbeversprechen sind unzulässig. Eine juristische Einordnung, wo die Grenzen verlaufen – und was bei der Vermarktung in der Schweiz zu beachten ist.

image

Versorgungssicherheit: Bundesrat kommt mit Gegenvorschlag

Die Volksinitiative zur medizinischen Versorgungssicherheit stösst in Bern auf Verständnis – aber nicht auf Zustimmung. Die Landesregierung präsentiert eine enger gefasste Alternative für mehr Arzneimittelsicherheit.

image

Seltene Krankheiten: Mehr Zulassungen, aber wenig Zusatznutzen bei Orphan Drugs

Über die Hälfte der neuen Medikamente bieten keinen echten Fortschritt. Und kaum je schaffen sie neue Lösungen für seltene Erkrankungen ohne Behandlungsmöglichkeiten.

image

Peter Indra geht zur Sanitas

Der Arzt und ehemalige Chef des Zürcher Amts für Gesundheit soll beim Krankenversicherer die Grundversorgung gezielt weiterentwickeln.

image

Medikamente: Wo Europas Verteidigung auf der Kippe steht

Antibiotika, Anästhetika, Thrombolytika: Ohne sie bricht auch die Sicherheit eines Landes zusammen. 11 Gesundheitsminister fordern deshalb jetzt eine Arzneimittel-Offensive – mit Verteidigungsgeldern.

image

Swissmedic kennt bereits heute stark vereinfachte Zulassungsverfahren

Warum nicht die Zulassung von patentabgelaufenen Arzneimitteln vereinfachen? Weil es nichts bringt.

Vom gleichen Autor

image

Bürokratie in der Reha - Kritik am Bundesrat

Die Antwort der Regierung auf eine Interpellation zur Entlastung der Rehabilitation überzeugt kaum – Reformvorschläge bleiben vage, die Frustration wächst.

image

Das Kostenfolgemodell lässt auf sich warten

Der Ständerat überweist die Motion Wasserfallen an die zuständige Kommission. Man nennt dies Verzögerungstaktik.

image

«Die Angehörigenpflege darf nicht zu einem Geschäftsmodell werden»

Ambitionslos und verantwortungslos - die SP-Nationalrätin Ursula Zybach ist vom Bericht des Bundesrats enttäuscht.