Lieferengpässe bei Arzneimitteln sind eine Realität. Was liegt da näher als die Zulassungsprüfung durch die Swissmedic zu vereinfachen – zumindest für patentabgelaufene Medikamente, die bereits in Ländern mit strengen Zulassungsbehörden genehmigt wurden?
Knapper Entscheid
Die vorberatende Ständeratskommission lehnt die Motion ab – allerdings mit fünf zu fünf Stimmen bei zwei Enthaltungen und Stichentscheid des Präsidenten denkbar knapp.
Was spricht denn dagegen? Laut dem Bundesrat gibt es in der Schweiz bereits stark vereinfachte Zulassungsverfahren für Medikamente, die in Ländern mit vergleichbarer Arzneimittelkontrolle zugelassen sind.
«Swissmedic verzichtet unter bestimmten Voraussetzungen sogar vollständig auf eine inhaltliche Prüfung der wissenschaftlichen Dokumentation», schrieb die Landesregierung in ihrer Stellungnahme zur Motion.
Martinelli: «Bringt nichts»
Dass diese Motion nichts bringt, sagt auch Enea Martinelli, der Chefapotheker der Spitäler FMI in Interlaken – also jener Mann, der wie kaum ein anderer gegen Versorgungslücken im Medikamentenmarkt ankämpft.
Die Überlegung: Wenn Swissmedic die gesetzliche Möglichkeit hat, patentabgelaufene Medikamente ohne inhaltliche Prüfung der wissenschaftlichen Dokumentation zuzulassen und es dennoch nicht tut, so ist dem auf gesetzlicher Ebene nicht beizukommen.
Risiko von Fälschungen
Der
Apothekerverband PharmaSuisse befürwortet grundsätzlich administrative Erleichterungen bei der Zulassungserteilung von Arzneimitteln, wenn sich dies nicht negativ auf die Versorgungssicherheit und die Patientensicherheit auswirkt.
Dennoch lehnen auch die Apotheker die Motion ab: Das Risiko von Fälschungen würde erhöht und Generika aus der EU könnten ohne umfassende Prüfung auf den Markt kommen, erklärt Pharmasuisse auf Anfrage. Die Gesetzesanpassung würde signalisieren, dass Qualitätsprüfungen vernachlässigbar wären. Das gefährde die Versorgungssicherheit und könnte zu Lieferengpässen lebenswichtiger Arzneimittel führen.
Swissmedic wehrt sich
Was sagt
Swissmedic zum unterschwelligen Vorwurf, die gesetzlichen Möglichkeiten der vereinfachten Zulassung nicht auszuschöpfen? «Swissmedic führt keine eigene wissenschaftliche Begutachtung durch, wenn für das Arzneimittel mit bekannten Wirkstoffen die Zulassung in einem Land mit vergleichbarer Arzneimittelkontrolle bereits erteilt worden ist», schreibt die Behörde.
Hingegen führe man eine wissenschaftliche Begutachtung durch bei Produkten, die Bedenken erwecken. Dies sei der Fall, …
- … wenn sich die Entscheide der Behörden in zwei oder mehreren Ländern mit vergleichbarer Arzneimittelkontrolle widersprechen;
- … wenn Swissmedic aufgrund eigener früherer Begutachtungen, neuer Erkenntnisse aus der veröffentlichten Fachliteratur oder von Informationen aus der Zusammenarbeit mit anderen Arzneimittelbehörden wesentliche Bedenken gegenüber dem ausländischen Zulassungsentscheid hat.
Out-of Stock Gesuch
- … die Verfügbarkeit des Arzneimittels therapeutisch wichtig ist;
- … von keinem erhöhten Risiko bezüglich Arzneimittelsicherheit ausgegangen werden muss;
- … für dieses Mittel in der Schweiz kein gleichwertiges Alternativpräparat zur Verfügung steht.
Interpharma erinnert daran, dass Parallelimporteure nicht verpflichtet sind, den Standort Schweiz zu versorgen. «Sobald sich das Geschäft nicht mehr lohnt, verschwinden diese wieder.» Einmal verschwundene Lieferkapazitäten könnten aber nicht kurzfristig wieder aufgebaut werden.
Bei all diesen Argumenten unterschiedlicher Interessenvertreter ist es doch bemerkenswert, dass die Motion des Schaffhauser Polit-Urgesteins Hannes Germann in der Ständeratskommission parteiübergreifend Unterstützung findet – sowohl von SP-, als auch SVP-Mitgliedern und auch einem Mitglied der Mitte-Partei.