Digital Health: Experten rechnen mit Daten-GAU

Sorgen um die Datensicherheit sind in der Schweizer Gesundheitsbranche allgegenwärtig. Dies ist ein Ergebnis einer Befragung der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) zur Digitalisierung.

, 21. November 2017 um 07:51
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Am 21. November 2017 begehen Politiker, Wirtschaftsführer und Wissenschaftler den ersten offiziellen Schweizer Digitaltag. Die Gesundheitsbranche ist mit dem elektronischen Patientendossier, digitalen Fitnessangeboten und der Telemedizin besonders stark von den digitalen Umwälzungen betroffen. Gerade rechtzeitig präsentiert da das zur Fachhochschule ZHAW gehörende Institut für Gesundheitsökonomie (WIG) die Studie «Digital Health - Die Zukunft des Schweizer Gesundheitswesens»

EPD wird sich durchsetzen

Laut Studie zeigt sich, dass Digital Health «in den Köpfen der Schweizer Gesundheitsmanagern angekommen ist». Die Branche habe den Handlungsbedarf und das Potenzial erkannt und versuche aufzuholen. Die Trendanalyse lasse erwarten, dass sich das elektronische Patientendossier (EPD) durchsetzen und in den nächsten Jahren an Bedeutung gewinnen werde. Damit können die Kosten gesenkt und die Qualität der Versorgung erhöht werden.
Alfred Angerer, Robin Schmidt, Clemens Moll, Lynn Strunk, Urs Brügger: «Digital Health - Die Zukunft des Schweizer Gesundheitswesens» - ZHAW School of Management and Law, November 2017

Bei diesen Themen herrscht Konsens...

Ein Schwerpunkt der Studie bildet eine Befragung von rund 25 Experten des Netzwerks Gesundheitsökonomie Winterthur (NGW), das von Rolf Zehnder präsidiert wird, dem Direktor des Kantonsspitals Winterthur (KSW). 
Auffällig ist, dass die Experten im allgemeinen sehr unterschiedliche Vorstellungen über die Auswirkungen der Digitalisierung haben. Eine einheitliche Haltung ist lediglich bei diesen Themen zu erkennen:
Datensicherheit: Sorgen um die Datensicherheit sind allgegenwärtig; Cyberattacken sind ein reales Risiko. Die Befragten halten es für realistisch, dass in spätestens zehn Jahren mindestens ein Daten-GAU in den Systemen des Schweizer Gesundheitswesens stattfindet, etwa Hacking von Patientendaten oder Lahmlegung von Computersystemen. Mehr als ein Drittel der Experten gaben eine Eintrittswahrscheinlichkeit von mindestens 90 Prozent an.
«Dies zeigt, dass der Datenmissbrauch eine grosse Bedrohung für den digitalen Gesundheitsmarkt darstellt», schreiben die Autoren der Studie. Hinsichtlich der sicheren und geschützten Anwendung von Digital Health-Daten bestehe grosser Handlungsbedarf.
Zukunft der Arztpraxen: Die befragten Experten halten es für unwahrscheinlich, dass in den nächsten 20 Jahren im grossen Stil Arztpraxen geschlossen werden, weil durch Digital Health-Anwendungen Praxisbesuche unnötig werden könnten.
Der persönliche Patientenkontakt durch eine Arztuntersuchung wird in den Augen der Experten enorm wichtig bleiben und nicht durch die Digitalisierung ersetzt. Digital Health-Anwendungen können aber sehr wohl dazu beitragen, Prozesse in den Arztpraxen effizienter zu gestalten und eine bessere, schnellere und auf den Einzelnen abgestimmte Behandlung zu gewährleisten.
Prämienrabatte für Gesundheitsdaten: Sehr wahrscheinlich ist es laut den Befragten, dass die Krankenversicherer in zehn Jahren im Bereich der Zusatzversicherung umfangreiche Ermässigungen für die Freigabe von digitalen Gesundheitsdaten gewähren werden. So könnten etwa fürs Zählen der gelaufenen Schritte oder den Kalorienverbrauch via Wearables Prämienrabatte gewährt werden. 

...und hier gibt es unterschiedliche Ansichten

Bei diesen Fragen gehen die Meinungen der Experten weit auseinander: 
  • ...ob in zehn Jahren die Hälfte der Schweizer Bevölkerung das Elektronische Patientendossier (EPD) aktiv nutzen wird.
  • ...ob in zehn Jahren eine digitale Verknüpfung von Patientendaten zwischen Spitälern existieren wird.
  • ...ob bis in zehn Jahren die Medikamentenabgabe zum grössten Teil online stattfinden und darum die Hälfte aller Apotheken geschlossen wird.
  • ...ob in zehn Jahren technologische Innovationen wie robotergesteuerte Operationen oder digitale Tabletten breit angewendet werden.
  • ...ob in 20 Jahren durch 3D-Druck hergestellte Organe in den menschlichen Körper eingesetzt werden.
  • ...ob in 20 Jahren ein branchenfremdes Unternehmen wie Migros, Swisscom, Post oder Google das Schweizer Gesundheitswesen dominieren wird. 
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