Blockchain im Gesundheitswesen

Vertraulichkeit im Umgang mit Daten bleibt eine Herausforderung im Gesundheitswesen. Blockchain weckt neuerdings unsere Neugierde: Anonymität, Transparenz, Dezentralität/keine Monopolrechte sowie Fälschungssicherheit sind geradezu ideale Eigenschaften zur Anwendung im Gesundheitswesen.

, 15. Oktober 2019 um 06:25
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Was ist eigentlich Blockchain?

Blockchain ist eine neue Technologie die es ermöglicht, Information in einer öffentlich einsehbaren Datenbank zu sichern. In einer ständig erweiterbaren Liste von Datensätzen (Blocks) werden diese mittels kryptografischen Fingerabdrücken (Hashwerte) verkettet. Die Daten werden oft nicht direkt auf der Blockchain abgelegt. Vielmehr kann nachgewiesen werden, dass lokale Datenpunkte aus einer bestimmten Quelle stammen (Signatur) und ab einem gewissen Zeitpunkt (Zeitstempel) nicht mehr verändert wurden. Die Blockchain ist somit ein unbestechliches digitales Dokument über Transaktionen. Alles von Wert kann erfasst werden – auch die sensiblen Informationen im Gesundheitswesen.. Die Blockchain Technologie revolutioniert den Umgang mit sensiblen Daten und macht Informationsflüsse sicherer und zuverlässiger. Sie funktioniert anonym, transparent, dezentral, ohne Intermediär und Monopolrechte. Hinzu kommt die Fälschungssicherheit. Gemäss einer 2018 vom World Economic Forum durchgeführten Umfrage unter 550 Managern aus 13 Branchen sind die Erwartungen beträchtlich: 57% glauben, dass die Entwicklung neuer Produkte entweder verpasst oder existierende nicht verbessert werden, wenn ihr Unternehmen es versäumt, in diese Technologie zu investieren.

Blockchain im Gesundheitswesen

Die Sicherheit der Speicherung und Übermittelung von Daten über Patienten, Krankheiten, Therapieerfolgen und erbrachten Leistungen ist ein Dauerthema im Gesundheitswesen. Eine öffentliche Blockchain ist in der Lage Authentizität und Integrität von Gesundheitsdaten sicherzustellen. Sie ist quasi ein öffentlicher Notar der Daten schützen kann, ohne sie offen zu legen. Im Zeitalter der Digitalisierung kommt noch eine weitere Forderung hinzu: «Wie kann man das Potenzial von Daten für Verbesserung von Behandlungen und Abläufen nutzen?» Auch die Kostenseite sucht Antworten: «Wie kann man «Medizin» bezahlbar bleiben wenn wir immer länger leben und immer mehr Krankheiten behandelbar sind?» Die Akteure sind gefordert die Bedeutung neuer Technologien wie künstliche Intelligenz (AI), Internet der Dinge (IoT), Quantum Computing etc. nicht nur zu verstehen, sondern diese auch auf ihr Potential für Verbesserungen im Gesundheitswesen zu überprüfen. Einfachere Prozesse, bessere Datensicherheit, Unabhängigkeit von den beteiligten Institutionen, Transparenz sind Eigenschaften, welche Blockchain auch für das Gesundheitssystem verlockend machen. In Abgrenzung zu zentralisierten Datenbanken von Spitälern oder Versicherern, werden Informationen nicht mehr monopolartig von einer Partei kontrolliert.
Der Patient ist und bleibt das Ziel des Gesundheitswesens. Er muss verstehen, was diese Technologie für ihn bedeutet bzw. was für ihn besser wird. Als Eigentümer seiner Daten entscheidet er über Erfolg und Akzeptanz.

Erfolgreiche Einführung

Die Einführung einer neuen Technologie ist immer mit Widerständen verbunden. Über Erfolg oder Misserfolg entscheiden ein ständig aktualisiertes Verständnis über Blockchain sowie der Wille aller Akteure über die eigenen Grenzen hinauszuschauen. Erwartungen sollten von Beginn realistisch formuliert werden. Schliesslich muss hinterfragt werden, ob diese Technologie wirklich die Beste ist oder nur ein Baustein im Rahmen der Digitalisierung ist?

Anwendungsbeispiele

In folgenden Bereichen ist Blockchain denkbar: 1. Produktivität und Qualität, 2. Transparenz, 3. Innovationen mit neuen Dienstleistungen. In diesen Kategorien könnten auf der Grundlage von Pilotprojekten Blockchain in naher Zukunft Einzug in das Gesundheitswesen finden. Sind die Erfahrungen erfolgreich, werden sie mit Sicherheit einen Schneeballeffekt auslösen. Konkrete Beispiele sind z.B.: 1. die Abrechnungen von erbrachten Leistungen - eine dynamische Vertragsaufsetzung zwischen Leistungserbringern birgt enorme Effizienzgewinne infolge verbesserter Transparenz, Verlässlichkeit und Schnelligkeit der Vergütung, 2. das Patientendossier - nichts ist sensibler als der Umgang mit diesen Daten und dies ist Stärke von Blockchain, 3. der Handel mit Patientendaten – Blockchain ist ein vertrauenswürdiger «Marktplatz» für Gesundheitsdaten. Dieses Vertrauen ist dringend notwendig, um das Potential von Daten zum Wohle aller nutzen zu können.

Fazit

Blockchain weckt auch die Neugierde der Akteure im Gesundheitswesen. Gelingt es sich auf eine gemeinsame Strategie zu einigen, wird diese Technologie einen Beitrag leisten, dass Gesundheit ein Gut bleibt, welches allen Generationen unabhängig von ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit zur Verfügung steht. Diese Aussicht sollte nicht verspielt werden.    
Dr. med. Hans Groth ist Verwaltungsratspräsident des 2003 in St. Gallen gegründeten World Demographic & Ageing Forum(WDA Forum). Seit 2009 ist er Gastdozent an der Universität St. Gallen zum Thema «Megatrend Demographie».
Professor Dr. med Johann Steurer ist Leiter das Horten Zentrums für praxisorientierte Forschung und Wissenstransfer an der Universität Zürich und Delegierter der Medizinischen Fakultät für das Bildungsnetzwerk Medizin.
2004 haben beide gemeinsam die «Hittisauer Gespräche» ins Leben gerufen – eine einmal jährlich stattfindende Diskursplattform für eine zukunftsfähige Weiterentwicklung des Schweizerischen Gesundheitssystems.  
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