Zürich verschärft Rahmenbedingungen für Angehörigenpflege

Der Kanton Zürich kürzt ab 2026 die Beiträge an die Angehörigenpflege und verschärft zugleich die Qualitätsanforderungen.

, 14. August 2025 um 10:48
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Rund 600’000 Personen leisten Angehörigenpflege in der Schweiz. Symbolbild/Unsplash
Der Kanton Zürich zieht bei der Anstellung pflegender Angehöriger durch Spitex-Organisationen die Zügel an.
Ab 2026 erhalten Gemeinden für diese Leistungen deutlich weniger Restkostenvergütung – neu maximal 15.75 statt bisher rund 30 Franken pro Stunde. Gleichzeitig werden strengere Qualitätsvorgaben eingeführt: Angehörige müssen innerhalb eines Jahres einen Pflegehilfekurs absolvieren, und jede Spitex muss über diplomiertes Pflegepersonal verfügen, das die Angehörigen eng begleitet.

Hintergrund: Explodierende Kosten

Pflegende Angehörige entlasten das Gesundheitswesen – rund 600’000 Menschen übernehmen diese Aufgabe schweizweit. Doch ihr Einsatz ist zunehmend Geschäftsmodell privater Spitex-Firmen, die Angehörige formell anstellen und deren Leistungen über Krankenversicherung und Gemeinden abrechnen. Laut der Gesundheitskonferenz Kanton Zürich (GeKoZH) haben sich die durch solche Firmen erbrachten Grundpflegeleistungen zwischen 2020 und 2023 um 530 Prozent erhöht; der Marktanteil hat sich verdreifacht.
Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli betont in einer Medienmitteilung, pflegende Angehörige seien ein «wertvoller Teil der Versorgung», dürften aber nicht «zur Bereicherung einzelner Organisationen» führen. Die neuen Regeln, erarbeitet mit Gemeinden und Spitex-Verbänden, sollen faire Finanzierung, hohe Pflegequalität und transparente Abrechnung sichern.

Neue Qualitätsvorgaben

Spitex-Organisationen, die pflegende Angehörige anstellen, unterliegen bereits heute den gleichen Mindestanforderungen wie Organisationen, die ausschliesslich ausgebildetes Pflegepersonal beschäftigen. Damit eine gute Begleitung der Angehörigen gewährleistet ist, ergänzt das Amt für Gesundheit das entsprechende Merkblatt für Betriebsbewilligungen:
  • Ausbildung: Pflegende Angehörige müssen spätestens ein Jahr nach Stellenantritt einen Kurs in Pflegehilfe oder eine gleichwertige Ausbildung absolvieren.
  • Begleitung: Jede Spitex-Organisation muss über eigenes diplomiertes Pflegefachpersonal verfügen. Dieses muss die pflegenden Angehörigen regelmässig begleiten – mindestens alle zwei Wochen telefonisch und einmal pro Monat persönlich vor Ort. Um eine sorgfältige Betreuung sicherzustellen, wird die Anzahl der pflegenden Angehörigen, die von einer Pflegefachperson betreut werden, begrenzt.
  • Transparenz: Spitex-Organisationen müssen Gemeinden ab 2026 separat ausweisen, wie viele Stunden durch Angehörige geleistet wurden.

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