Wie die Tessiner Kantonsspitäler 1300 stationäre Fälle verlagern wollen

Die Ente Ospedaliero Cantonal testet mit der Einkaufsgemeinschaft HSK ein Tarifmodell, das viel mehr Eingriffe vom stationären in den ambulanten Bereich drängen soll.

, 12. Dezember 2025 um 04:00
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Alle Standorte für ambulante Eingriffe eingerichtet: EOC-Spitäler Lugano, Bellinzona, Faido, Locarno (im Uhrzeigersinn) | Bilder: EOC
Die Tessiner Kantonsspital-Gruppe EOC und die Einkaufsgemeinschaft HSK starten ein Pilotprojekt, mit dem die Ambulantisierung gefördert werden soll. Vorbild ist ein Tarifmodell, das seit Frühjahr beim Spitalzentrum Biel getestet wird. Dabei ist der finanzielle Anreiz so gestaltet, dass das Spital einen höheren Beitrag erhält, je mehr Behandlungen es vom stationären in den ambulanten Bereich verlagert. Es werden ausschliesslich Eingriffe berücksichtigt, die nicht sowieso bereits ambulant erfolgen und zuvor auf der AVOS-Liste standen. Belohnt wird also ein Sondereffort.
Im Tessin läuft der Test in den Jahren 2026–2027. Der Kanton Tessin kompensiert der Ente Ospedaliero Cantonale den Einnahmeausfall, der wegen des Übergangs vom stationären zum ambulanten Bereich entsteht. Am Ende jedoch, so der Plan, soll der Kanton selber auch Einsparungen erzielen, weil die Leistungen kostengünstiger erbracht werden.

Ein Fünftel sparen

Laut den Berechnungen, welche die Partner vorlegen, wird etwa ein Fünftel der Kosten eingespart, die bei stationärer Erbringung derselben Leistungen anfallen würden.
Konkret erwartet das EOC, bei diesem Projekt 900 bis 1300 Fälle von stationären zu ambulanten Behandlungen zu verlagern. Es geht dabei um Eingriffe, die heute maximal zwei bis drei Tage Spitalaufenthalt erfordern; und es geht um die Bereiche Neurochirurgie, Gynäkologie, Orthopädie, Augenheilkunde, Urologie, Viszeralchirurgie, Kardiologie und Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde. Das Angebot richtet sich an gesunde Personen ohne weitere schwerwiegende Erkrankungen ab 12 Jahren.
Die Entwicklung wird durch ein gemeinsames Berichtswesen gemessen und überwacht. Nach Abschluss der Pilotphase Ende 2027 wird das Projekt in das nationale Tarifsystem EFAS integriert, so der Plan.
Die Einkaufsgemeinschaft HSK verantwortet für drei Versicherer Helsana, Sanitas und KPT die Tarife im Bereich der Grundversicherung. Sie vertritt damit rund 2 Millionen Personen.

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