Teure Spitäler? Daran liegt es kaum

Eine internationale Analyse zeigt: In der Schweiz ist der Anteil der Spitäler an den Gesundheitskosten tief – und er sinkt. Die Formel «viel stationär = teuer» greift wohl zu kurz.

, 12. Mai 2025 um 04:00
letzte Aktualisierung: 29. Juli 2025 um 09:48
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Ob Riesenspitäler die Lösung sind? Das Nyt Hospital Nordsjælland in Hillerød, Dänemark (von Herzog & de Meuron, im Bau).  |  Bild: PD Nordsjaellands Hospital.
In der Schweiz werden zu viele Menschen stationär im Spital behandelt – das ist eine der Hauptthesen, wenn über die Gesundheitskosten debattiert wird. Denn in vielen modernen Staaten ist der Anteil ambulanter Behandlungen deutlich höher.
Rund 20 Prozent der chirurgischen Eingriffe werden hierzulande spitalambulant durchgeführt; derweil erreichen Länder wie Grossbritannien, die Niederlande, Dänemark und die USA hier Werte zwischen 50 und 60 Prozent.
Eine Studie, die das Deutsche Krankenhausinstitut jüngst veröffentlicht hat, entschärft die gängige These nun aber deutlich. Die Untersuchung verglich die Spitalkosten in Deutschland mit jenen anderer, eher wohlhabender Länder in Europa. Dabei zeigte sich
  • erstens, dass in der Schweiz der Anteil der Akutspital-Kosten am Bruttoinlandprodukt vergleichsweise niedrig ist;
  • zweitens, dass der Anteil der Spitalkosten an den Gesundheitsausgaben ebenfalls unterdurchschnittlich ist (im Rahmen der verglichenen europäischen Länder).
  • Und drittens sank dieser Anteil in den letzten Jahren stetig.
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Grafiken: DKI, aus der zitierten Studie
Konkret liegen die Ausgaben für Spitäler hierzulande bei 3,3 Prozent des Bruttoinlandprodukts: Sie sind also ziemlich ähnlich wie beispielsweise in Deutschland und den Niederlanden (3,0 Prozent), Belgien oder Finnland (3,4 Prozent). In Dänemark, diesem oft als Vorbild genannten Land, erreichen die Spitalausgaben sogar 4,2 Prozent des BIP.
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Gewiss, die Studie bestätigt – auf ihre Weise –, dass die Schweiz überdurchschnittlich stark auf stationäre Behandlungen setzt. Sie deutet dabei auch an, dass insbesondere im Feld des «Hospital at Home» noch viel Aufhol-Potential besteht.
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Gewiss auch: Die Spitalkosten pro Fall sind in der Schweiz unter den verglichenen Ländern am höchsten (wobei die Studie insgesamt nur eher wohlhabende Staaten berücksichtigte): Der Wert liegt bei 8’385 Euro in der Schweiz. In Norwegen (8’297 Euro) und den Niederlanden (8’030 Euro) sind die Beträge noch halbwegs ähnlich, während Deutschland der Durchschnittsfall massiv günstiger ist: 6’146 Euro. (Die Werte wurden in Kaufkraftparität ausgewiesen, sie berücksichtigen also das jeweilige Preis- und Einkommensniveau).
Doch erneut: Angesichts des recht hohen Anteils an stationären Fällen erscheinen die Schweizer Spitäler auch in dieser Perspektive keineswegs als überaus «teuer».
Oder anders gesagt: Womöglich zeigen Deutschland wie auch die Schweiz auf ihre Weise vor allem eines: dass das DRG-System einen erheblichen Druck auf die Spitalkosten ausübt.
«Krankenhäuser sind weder Kostentreiber der Gesundheitsausgaben, noch ist das deutsche Krankenhaussystem besonders teuer. Das Gegenteil ist der Fall», kommentiert die Deutsche Krankenhausgesellschaft die Daten mit Blick auf die eigenen Politiker: «Schon aufgrund der strukturellen Unterfinanzierung sind die deutschen Krankenhäuser dazu gezwungen, ausserordentlich effizient zu arbeiten. Den Versicherten sparen sie damit Milliarden, indem ihr Anteil an den Gesamtausgaben der gesetzlichen Kassen kontinuierlich sinkt. Wir sind mittlerweile aber an einem Punkt angekommen, an dem das System beginnt zu kippen. Immer mehr Kliniken, Abteilungen und Stationen drohen aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen zu werden.»
Das sind Zitate, die sich recht direkt auf die Schweiz übertragen liessen.

  • akut
  • Gesundheitskosten
  • ambulant vor stationär
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