Künstliche Intelligenz und Palliativbetreuung: Das ist eine Kombination, die auf den ersten Blick vielleicht befremdend wirkt. Und auf den zweiten Blick auch. Darauf deutet jedenfalls ein Bericht hin, der sich mit einem Pilotprojekt des renommierten Gesundheitssystems Mass General Brigham in Boston befasst.
Die Idee: Ein KI-System könnte nicht nur – wie in anderen Fällen gezeigt – präziser sein in der Entdeckung von Tumoren oder der Beantwortung von Patientenfragen. Sondern es ist womöglich auch besser in der Lage, Patienten zu erkennen, bei denen eine Palliativbetreuung richtig ist. Oder zu erkennen, wann man einen Menschen idealerweise in ein Hospiz überweist.
Mit der Folge, dass sich dadurch viel Geld sparen lässt.
Weniger Kosten, mehr Lebensqualität
Konkret testete Mass General Brigham in einem seiner Akutspitäler bei Boston ein System namens
Smart Hospice. Dort lag die Quote der Überweisungen von Patienten in ein Hospiz leicht unter dem nationalen Durchschnitt. Nach Beginn des Tests mit Smart Hospice wurden 9 Prozent der Medicare-Patienten vom System zur Prüfung empfohlen; dies wiederum führte dazu, dass im Verlauf von sechs Monaten 40 Patienten auf der Station eine Palliativ-Konsultation erhielten. 17 dieser Menschen wären ohne die Beobachtung durch das Smart Hospice-System nicht als Palliativ-Patienten erkannt respektive definiert worden.
Die Rechnung, die das Spital nun vorlegt: 13 Patienten wechselten ins Hospiz anstatt im Spital zu verbleiben; dadurch sparte das System 850’000 Dollar an Gesundheitsausgaben ein – wobei auch die Lebensqualität der Patienten stieg.
Insgesamt ist das Ziel hinter dem Pilotprojekt, die stationäre Kapazität zu verbessern und die begrenzte Bettenzahl in den Akutspitälern jenen Patienten zur Verfügung zu stellen, die sie am meisten benötigen.
Abkehr von der Intensivbetreuung
Oder nochmals anders formuliert: Das KI-System soll auch helfen, von der Intensivbetreuung am Lebensende etwas abzukommen und zurückhaltendere palliative Wege zu finden.
Dabei stellen die Macher der Herstellerfirma Radial klar, dass am Ende immer die Ärzte entscheiden müssen. Doch ihr System – gefüttert mit den Gesundheitsdaten und -werten der Patienten – sei eben auch stärker in der Lage, vom aktuellen Zustand zu abstrahieren und die langfristige Weiterentwicklung zu erkennen.
Deshalb biete es eine bessere Entscheidungs- respektive Beratungsgrundlage für die Mediziner.