«Unsere Prozesse wurden sehr scharf analysiert»

Die Partnerschaft von Swiss Medical Network mit der Mayo Clinic entstand aus der inneren Dynamik des Ärzteteams. Konzernchef Fabrice Zumbrunnen erklärt, wie aus einer Idee ein Prozess wurde – und welche strategischer Bedeutung die Allianz jetzt hat.

, 15. Mai 2025 um 09:01
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«Die Suche nach Exzellenz verbindet uns»: Fabrice Zumbrunnen, Delegierter des Verwaltungsrates von Swiss Medical Network.
«Es war eine Initiative unserer eigenen Truppen», sagt Fabrice Zumbrunnen zur Frage, wie die neue Partnerschaft mit der Mayo Clinic zustandekam: Die Ärzte und Wissenschaftlerteams von Swiss Medical Network hätten mehrfach das Interesse geäussert, eine engere Zusammenarbeit mit der berühmten US-Gesundheitsgruppe anzustreben.
Zumbrunnen war als Delegierter des Verwaltungsrates von Swiss Medical Network eng involviert in die Planung. Zwei strategische Ziele standen im Zentrum, sagt er im Interview: Erstens Zugang zu erhalten zur medizinischen Kompetenz der besten Klinik der Welt, insbesondere bei komplexen Fällen. Zweitens hatte man dabei vor allem den Bereich der Prävention im Auge. «In unserer Strategie ist die Prävention ein starker Akzent, das zeigt sich auch in unseren Efforts in der integrierten Versorgung», so Fabrice Zumbrunnen im Gespräch mit Medinside-Redakteurin Jehanne Picard.
Im Bereich der präventiven Medizin einen Exzellenz-Pool zu schaffen – dies sei ein wichtiges gemeinsames Ziel: «Die Mayo Clinic ist der Leader bei medizinischen Check-ups.
Überhaupt: Die Suche nach Exzellenz – dies verbinde die DNA von Swiss Medical Network mit der DNA der Mayo Clinic. En detail zeige sich dies zum Beispiel bei den Investitionen, zuletzt beim Genolier Innovation Hub, der im September 2024 eröffnet wurde. Was beide Häuser ebenfalls charakterisiere, sei ein holistischer Ansatz – ein Ansatz, der sich gerade in der Bedeutung zeige, die man der Prävention zumisst.
«Es gibt heute wenige Unternehmen im Gesundheitswesen, die sich mit der Prävention befassen», so Zumbrunnen, der auch CEO von Aevis Victoria ist. Und das Mutterhaus habe ebenfalls die Vision, eine komplette Betreuung des Wohlbefindens und der Lebensqualität zu bieten. Dies unterscheide Swiss Medical Network von anderen Gruppen, wo es einfach um die medizinische Behandlung geht.
«Es ist ein beidseitiges Geben», so Zumbrunnen. Swiss Medical Network und Mayo hätten zwei Domänen, was man sich besonders gut verstärken kann, nämlich die Onkologie und die Opfthalmologie.
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Vertreterinnen und Vertreter von Swiss Medical Network und Mayo Clinic bei der Lancierung der Kooperation: Genolier, 6. Mai 2025  |  Bild: Nuno Acacio
Doch wie lässt sich dereinst messen, ob die Partnerschaft funktioniert? Ob sie die Erwartungen erfüllt?
Natürlich gebe es jetzt schon Kriterien, die einfach weiterverfolgt werden können – etwa die Patientenzufriedenheit, sagt Fabrice Zumbrunnen. Zudem könne man ganz spezifisch verfolgen, wie komplexe Fälle im gemeinsamen Setting gelöst werden. Und im Bereich von Prävention und Check-ups sollte sich die Zusammenarbeit mit der Mayo Clinic auch sehr konkret im Erfolg auf dem Markt messen lassen.
Weitere Themen des Gesprächs sind die Akzeptanz in den Teams, die Pläne in der integrierten Versorgung oder die Gespräche mit den Mayo-Vertretern im Vorfeld der Allianz: «Der Prozess dauerte über ein Jahr, unsere Prozesse wurden sehr scharf analysiert, und die Gespräche mit den Spezialisten zeigten, wie genau uns die Mayo Clinic auf den Scanner legte.» Das Ergebnis mache einerseits stolz – und sei andererseits lehrreich.
  • Zum Thema: Swiss Medical Network geht Allianz mit Mayo Clinic ein. Als erste Institution in Europa tritt die Schweizer Klinikgruppe dem Mayo Clinic Care Network bei – und eröffnet sich so Zugänge zum Knowhow des US-Konzerns.
  • «Wir leben ‚Patients first‘. Täglich.» Im Video-Gespräch erklärt Medical Director Brian A. Costello, warum Swiss Medical Network zur Mayo Clinic passt – und was noch alles folgen kann.
  • Zweitmeinung mit System: Jacques Bernier und Oscar Matzinger schildern, wie Swiss Medical Network und die Mayo Clinic ihr Kooperationsmodell entwickelten.
  • Die neue Allianz mit der Mayo Clinic ist für Swiss Medical Network eine Inspiration – aber kein Grund zur Selbstaufgabe. Stanley Hautdidier, der Direktor der Clinique de Genolier, über eigene Identität und geteilte Expertise.

Die Mayo Clinic in 10 Punkten

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Die Mayo Clinic in Rochester | Bild: Wikimedia Commons
1. Number One. In Untersuchungen zu den besten Spitälern der Welt oder der USA taucht die Mayo Clinic zuverlässig an der Spitze auf. Dieses Jahr führte sie erneut das «Newsweek»-Ranking der «World’s Best Hospitals 2025» an. Auf Platz 1 kam Mayo dabei auch in den Sub-Kategorien Herzchirurgie, Kardiologie, Endokrinologie, Gastroenterologie, Neurologie, Neurochirurgie und Pulmologie; in Orthopädie und Urologie gelangte es auf Rang 2.
2. 75'000 Personen. Die Mayo Clinic entstand in Rochester, Minnesota, und hat ihre Wurzeln in den 1860er Jahren. Die wichtigsten Spitäler des Konzerns befinden sich in Rochester, Scottsdale (Arizona) und Jacksonville (Florida). Der Gesundheitskonzern beschäftigt derzeit rund 75’000 Personen und setzt knapp 20 Milliarden Dollar um. In Rochester führt Mayo zudem eine eigene Medizin-Universität.
3. Non-Profit. Die Mayo Clinic schüttet keine Gewinne aus: Das Geld wird vollständig in Forschung, Infrastruktur und Patientenversorgung reinvestiert. 2024 gab Mayo insgesamt 1,2 Milliarden Dollar für Forschung aus: Rund 500 Millionen kamen aus eigenen Erträgen, rund 700 Millionen waren Fremdmittel, die in die Mayo-Forschungszentren flossen.
4. Medizinische Meilensteine. Zu den Durchbrüchen, die in der Mayo-Clinic erfolgten, gehört der Gefrierschnitt in der Tumoranalyse und die erste Operation mithilfe einer Herz-Lungen-Maschine. 1969 nahm die Mayo Clinic die erste Hüftersatz-Operation der USA vor. 2001 entwickelte Mayo gemeinsam mit Roche einen Schnelltest zum Nachweis von Anthrax.
5. Nobel-Preis. 1950 erhielten die Mayo-Ärzte Edward Calvin Kendall und Philip S. Hench den Medizin-Nobelpreis für ihre Entdeckungen des Cortison (gemeinsam mit dem Schweizer Chemiker Tadeus Reichstein, der im gleichen Feld forschte).
6. Qualität, nicht Menge. Mayo-Ärzte werden ausschliesslich pauschal honoriert.
7. Integrierte Versorgung. Die Mayo Clinic setzte früh auf integrierte Versorgung und bündelte Spezialisten verschiedener Disziplinen. Auch dies ist ein Merkmal der Gesundheitsorganisation.
8. Patientenzentriert. Mayo pflegt einen patientenzentrierten Ansatz: «The needs of the patient come first», so das Motto. Die Idee einer umfassenden Betreuung berücksichtigt auch die psychische und soziale Situation der Patienten.
9. Lokaler Grundversorger. 1992 lancierte der Konzern mit dem Mayo Clinic Health System ein Grundversorgungsnetzwerk; es hat inzwischen rund 100 Standorte in ländischen Gegenden des Mittleren Westens der USA.
10. Globale Ausstrahlung. Mayo ist zudem spezialisiert auf eine hochstehende Spitalversorgung, die ein internationales Publikum nach Rochester bringen soll. Zum Service gehören kostenlose Dolmetscherdienste für ausländische Patienten.



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